Deutschlandweit für Sie tätig
Das Vergaberecht kennt eine Vielzahl bieterschützender Rechte. Über ihren Umfang wird immer wieder gestritten. Zugleich sind sie entscheidend. Nur wenn ein bieterschützendes Recht verletzt wurde, kann der Bieter eine Wiederholung eines Vergabeverfahrensabschnitts verlangen. Nur dann hat er eine zweite Chance. Auch für Auftraggeber ist dies von Belang. Denn sie müssen eine nachteilige Entscheidung der Nachprüfungsinstanzen nur bei einer Verletzung bieterschützende Rechte befürchten.
Der folgende Überblick ist nicht abschließend. Er gibt nur einen ersten Einblick in einige bieterschützende Rechte, die öfters vor den Nachprüfungsinstanzen verhandelt werden. Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie sich bei Ihrem konkreten Fall nicht sicher sind, ob bieterschützende Rechte verletzt sind, und was daraus folgt.
Der Auftraggeber darf das Angebot nur anhand bekannt gemachter Eignungs- und Zuschlagskriterien prüfen bzw. werten.
Der Auftraggeber muss alle wesentlichen Entscheidungen der Vergabe fortlaufend dokumentieren, vgl. § 8 Abs. 1 VgV, § 8 Abs. 1 SektVO, § 6 Abs. 1 KonzVgV, § 20 Abs. 1 S. 1 VOB/A, § 20 EU VOB/A i.V.m. § 8 VgV, § 6 Abs. 1 UVgO. Die Pflicht zur Dokumentation folgt aus dem Gebot der Transparenz des Vergabeverfahrens, § 97 Abs. 1 GWB, und soll Manipulationen verhindern. Ziel ist es, die Entscheidungen der Vergabestelle transparent und sowohl für die Nachprüfungsinstanzen als auch für die Bieter nachprüfbar zu machen. Die im Vergabevermerk enthaltenen Angaben müssen so detailliert sein, dass sie für einen mit der Sachlage des jeweiligen Vergabeverfahrens vertrauten Leser nachvollziehbar sind, vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28. November 2018 - Verg 35 / 18; OLG Celle, Beschl. v. 12. Mai 2016 - 13 Verg 10/15; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 31. Januar 2014 - 15 Verg 10/13).
Nach § 134 Abs. 1 GWB haben öffentliche Auftraggeber die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Dies umfasst die vollständigen und aus Sicht des Auftraggebers zutreffenden Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung eines Angebots (vgl. VK Südbayern, Beschluss vom 31.01.2020, Z 3 - 3 - 3194 - 1 - 51 - 11 / 19; Dreher/Hoffmann, in: Burgi/Dreher, Beck’scher Vergaberechtskommentar, § 135 GWB Rn. 22 f.).
Der Auftraggeber muss kalkulationserhebliche Tatsachen mitteilen, soweit sie ihm vorliegen oder zugänglich sind (vgl. VK Bund, Beschluss vom 06.11.2023, VK 1 - 77 / 23).
Der Auftraggeber muss alle Angebote nach gleichen Maßstäben behandeln und bewerten (VK Bund, Beschluss vom 13.02.2023, VK 2 – 114 / 22; VK Bund, Beschluss vom 07.12.2022, VK 2 – 96 / 22; VK Lüneburg, Beschluss vom 26.03.2014, VgK - 06 / 2014).
Der Auftraggeber muss formal ungenügende Angebote aus dem Vergabeverfahren ausschließen.
Der Auftraggeber muss alle Vergabe- und Vertragsunterlagen unentgeltlich und direkt elektronisch bereitstellen, vgl. § 41 VgV.
Der Auftraggeber darf ein Mehr an Eignung nicht auf Zuschlagsebene bewerten.
Der Auftraggeber muss die Rahmenbedingungen von Bemusterungen, Präsentationen und Teststellungen allen Bietern rechtzeitig mitteilen.
Der Auftraggeber muss die in den Verfahrensordnungen vorgegebenen Mindestfristen beachten, außer es liegt ein in diesen Verfahrensordnungen anerkannter Verkürzungsgrund vor.
Der Auftraggeber darf nur Zuschlagskriterien festlegen, die mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen, vgl. § 127 Abs. 3 GWB. Hierauf hat der Bieter Anspruch (vgl. BayObLG, Beschluss vom 11.12.2024, Verg 7 / 24 e).
Der Bieter kann beanspruchen, dass es der Auftraggeber unterlässt, Vorgaben aufzustellen, die eine kaufmännisch vernünftige Angebotskalkulation unzumutbar machen und dadurch die Aussichten des Bieters auf eine Berücksichtigung seines Angebots bei der Zuschlagserteilung beeinträchtigen können (vgl. BayObLG, Beschl. vom 6. Dezember 2023, Verg 7/23e).
Der Bieter wird in eigenen Rechten verletzt, wenn das Angebot des vermeintlichen Bestbieters ungewöhnlich niedrig ist und dennoch nicht aufgeklärt wurde. Der Bieter hat Anspruch auf Prüfung des Konkurrenzangebots in preislicher Hinsicht (VK Sachsen, Beschluss vom 26. Mai 2015 – 1/SVK/015-15; VK Südbayern, Beschluss vom 31.01.2020 – Z3-3-3194-1-51-11/19).
Der Bieter hat Anspruch darauf, dass formal ungenügende Angebote nicht ausgeschlossen werden, wenn dies gemäß den Vorgaben des Vergaberechts zwingend erforderlich ist (vgl. VK Südbayern, Beschluss vom 2. Mai 2016 – Z3-3-3194-1-10-03/16).
Nach § 41 VgV müssen Vergabe- und Vertragsunterlagen unentgeltlich und direkt elektronisch bereitgestellt werden. Der Bieter hat ein Recht hierauf (vgl. VK Nordbayern, Beschluss vom 16.04.2018 – RMF-SG 21-18; VK Bund, Beschluss vom 27.09.2017 – VK 2-60/17.
Die Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien verstößt gegen § 127 Abs. 3 GWB, wonach Eignungsmerkmale nicht bei der Zuschlagsentscheidung berücksichtigt werden dürfen (vgl. BayObLG, Beschluss vom 11.12.2024 – Verg 7/24 e).
Die Bedingungen für Präsentationen und Teststellungen wurden nicht rechtzeitig und einheitlich allen Bietern mitgeteilt, was einen Verstoß gegen den Transparenzgrundsatz darstellt.
Rechtsgrundlage: VK Sachsen, Beschluss vom 24.04.2008 – 1-SVK/15/08; OLG Naumburg, Beschluss vom 23.07.2001 – 1 Verg 2/01.
Die gesetzlich vorgegebenen Mindestfristen wurden missachtet, ohne dass ein anerkannter Verkürzungsgrund gemäß den Verfahrensordnungen vorliegt.
Rechtsgrundlage: EuGH, Urteil vom 28.02.2018 – Rs. C-64/17; VK Westfalen, Beschluss vom 01.02.2018 – VK 1-39/17.
Die Vorgaben erschweren eine kaufmännisch vernünftige Angebotskalkulation in unzumutbarer Weise und benachteiligen damit die Bieter, die diese Anforderungen ordnungsgemäß umsetzen wollen.
Rechtsgrundlage: BayObLG, Beschluss vom 06.12.2023 – Verg 7/23e; OLG München, Beschluss vom 09.05.2018 – Verg 13/18.
Europaweite Expertise im Vergaberecht - Ihr kompetenter Partner in allen Phasen des Vergabeprozesses.