Unter Selbstreinigung sind Maßnahmen zu verstehen, die ein Unternehmen ergreift, um seine Integrität wiederherzustellen und eine Begehung von Straftaten oder schweres Fehlverhalten in der Zukunft zu verhindern (Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/6281, 107). Ein Unternehmen, das sich als unzuverlässig erwiesen hat, kann zum Wettbewerb um öffentliche Aufträge zugelassen bzw. wieder zugelassen werden, wenn es Vorsorge dafür getroffen hat, dass erneute Verfehlungen verhindert werden.
Die Voraussetzungen der Selbstreinigung sind seit der Vergaberechtsreform sowohl in den Vergaberichtlinien als auch auf nationaler Ebene in § 125 GWB geregelt.
Für eine erfolgreiche Selbstreinigung haben die betroffenen Unternehmen Nachweise in den drei Bereichen Sachverhaltsaufklärung, Schadensausgleich sowie technische, organisatorische und personelle Maßnahmen zur Vermeidung weiteren Fehlverhaltens zu erbringen.
Um sich auf eine erfolgreiche Selbstreinigung zu berufen, muss das Unternehmen gem. § 125 Abs. 1 S. 1 GWB nachweisen, dass
Sollte ein Bieter vergaberechtswidrig ausgeschlossen worden sein, weil beispielsweise eine erfolgreiche Selbstreinigung nicht berücksichtigt wurde, kann dieser Schadensersatzansprüche gegen den Auftraggeber geltend machen.
Zu beachten ist, dass die Voraussetzungen des § 125 Abs. 1 S. 1 GWB kumulativ vorliegen müssen. Das bedeutet, dass alle der dort genannten Maßnahmen durchgeführt worden sein müssen.
Bei personellen Maßnahmen genügt in der Regel nicht eine bloße Abberufung von Funktionen wie etwa der Geschäftsführung; vielmehr kommt es darauf an, welche Einflussmöglichkeiten noch bestehen.
Entscheidungen von öffentlichen Auftraggebern, ein Unternehmen als „gereinigt“ anzusehen und in einem Vergabeverfahren (wieder) zu berücksichtigen, haben drittschützende Wirkung. Ein Mitbewerber kann sich vor der zuständigen Vergabekammer gegen die seiner Ansicht nach ungerechtfertigte Wiederzulassung des Unternehmens wehren.
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