Symboldbild für die Beschlussverkündung der VK Westfalen zur zwingenden Abgabe einer Höchstabnahmemenge in Rahmenvereinbarungen

Neus­te Ent­wick­lun­gen zur zwin­gen­den Anga­be von Höchst­ab­nah­me­men­gen

Auf­trag­ge­ber haben bei der Aus­schrei­bung einer Rah­men­ver­ein­ba­rung eine Höchst­ab­nah­me­men­ge anzu­ge­ben, nach deren Errei­chen der Ver­trag auto­ma­tisch und ohne wei­te­res Zutun der Par­tei­en endet. Dies stell­te der EuGH bereits mehr­mals fest. Ohne Anga­be einer Höchst­men­ge in den Ver­ga­be­un­ter­la­gen und/ oder in den ver­öf­fent­lich­ten Ver­ga­be­un­ter­la­gen liegt ein Ver­stoß gegen das Trans­pa­renz­ge­bot vor, denn die Höchst­men­ge ist eine für den Bie­ter wesent­li­che Infor­ma­ti­on und Kal­ku­la­ti­ons­grund­la­ge für sein Ange­bot.

Wäh­rend zuvor von deut­schen Nach­prü­fungs­in­stan­zen die­se Pflicht noch teil­wei­se abge­strit­ten wur­de, folgt man seit 2022 dem EuGH. Höchst­men­gen sind bekannt­zu­ma­chen. Im lau­fen­den Ver­ga­be­ver­fah­ren kann und soll­te von Bie­tern daher eine in den Unter­la­gen feh­len­de Höchst­men­ge gerügt wer­den.

Feh­len­de Höchst­men­gen­an­ga­be fällt erst nach Ange­bots­ab­ga­be auf: Was Bie­ter machen kön­nen

Doch was, wenn die Anga­be – wie so häu­fig – in den Ver­ga­be­un­ter­la­gen „ver­ges­sen“ wur­de und dem Bie­ter dies erst auf­fällt, wenn er bereits sein Ange­bot abge­ge­ben hat und womög­lich sogar ein Infor­ma­ti­ons­schrei­ben nach § 134 GWB bekom­men hat, in dem ihm mit­ge­teilt wird, dass ein ande­res Unter­neh­men den Zuschlag erhal­ten soll?

Auch dann ist noch nicht alles ver­lo­ren. In zwei von uns geführ­ten Nach­prü­fungs­ver­fah­ren konn­ten wir errei­chen, dass das Ver­ga­be­ver­fah­ren vom Auf­trag­ge­ber in den Stand vor Bekannt­ma­chung zurück­ver­setzt wer­den muss (OLG Koblenz, 12.12.2022 – Verg 3/22 und VK West­fa­len, 21.02.2024 – VK 3–42/23). Der Bie­ter bekommt also eine erneu­te Chan­ce zur Ange­bots­ab­ga­be.

Höchst­men­gen­an­ga­be in Rah­men­ver­ein­ba­run­gen nach dem EuGH ver­pflich­tend

Dies ist nur kon­se­quent und rich­tig: Denn Bie­ter wis­sen in der Regel nicht, dass die Höchst­men­gen­an­ga­be nach dem EuGH ver­pflich­tend ist. Dies ergibt sich nur höchst mit­tel­bar aus dem Gesetz, näm­lich durch Aus­le­gung des Gleich­be­hand­lungs­ge­bots und des Trans­pa­renz­grund­sat­zes (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB). Inso­fern ver­las­sen sich Bie­ter im Rah­men ihrer Ange­bots­er­stel­lung regel­mä­ßig dar­auf, dass die vom Auf­trag­ge­ber ver­öf­fent­lich­ten Unter­la­gen „schon ihre Rich­tig­keit“ haben und nut­zen die­se als Kal­ku­la­ti­ons­grund­la­ge. Dass bei Kennt­nis einer Höchst­men­ge womög­lich ganz anders (und im Hin­blick auf den Zuschlag erfolgs­ver­spre­chen­der!) kal­ku­liert wer­den wür­de, das sieht sowohl das OLG Koblenz als auch die Ver­ga­be­kam­mer West­fa­len so.

Feh­len­der Hin­weis zum auto­ma­ti­schen Ende des Rah­men­ver­tra­ges kann Ver­ga­be­rechts­feh­ler dar­stel­len

Letz­te­re geht sogar so weit, dass Auf­trag­ge­ber in ihren Ver­trä­gen dar­auf hin­zu­wei­sen haben, dass der Rah­men­ver­trag mit dem Errei­chen der Höchst­ab­nah­me­men­ge auto­ma­tisch endet. Das Feh­len einer sol­chen Klau­sel kann danach bereits einen Ver­ga­be­rechts­feh­ler dar­stel­len! Das OLG Koblenz war in die­sem Zusam­men­hang groß­zü­gi­ger, ließ die kon­kre­te Fra­ge aber letzt­lich offen.

Mög­li­che Aus­wir­kun­gen für Auf­trag­ge­ber bei Aus­schrei­bun­gen von Rah­men­ver­ein­ba­run­gen

Für Auf­trag­ge­ber bedeu­tet dies, dass sie sich im Vor­feld nicht nur Gedan­ken über einen Schätz­wert machen müs­sen. Sie müs­sen ihre Erwä­gun­gen zur Höchst­men­ge doku­men­tie­ren und einen abso­lu­ten Wert in den Ver­ga­be­un­ter­la­gen (nicht zwin­gend in der Bekannt­ma­chung) ange­ben, sodass sich Bie­ter auf einen Blick von ihrer eige­nen Leis­tungs­fä­hig­keit über­zeu­gen kön­nen. Zusätz­lich ist Auf­trag­ge­bern drin­gend zu raten, ihre Ver­trags­wer­ke dar­auf­hin zu über­prü­fen, ob die Ver­trags­be­en­di­gung bei Errei­chen der Höchst­ab­nah­me­men­ge auto­ma­tisch erfolgt. Andern­falls ist das Ver­fah­ren bis zur Zuschlags­er­tei­lung in der Regel auch von einem unter­le­ge­nen Bie­ter angreif­bar.

Der voll­stän­di­ge Beschluss der Ver­ga­be­kam­mer West­fa­len kann auf der Sei­te der Recht­spre­chungs­da­ten­bank NRWon­line unter dem Akten­zei­chen VGK 3 – 42/34 nach­ge­le­sen wer­den.

Hin­weis: Die­ser Bei­trag ersetzt kei­nen anwalt­li­chen Rat im Ein­zel­fall. Er ist natur­ge­mäß unvoll­stän­dig, auch ist er nicht auf Ihren Fall bezo­gen und stellt zudem eine Moment­auf­nah­me dar, da sich gesetz­li­che Grund­la­gen und Recht­spre­chung im Lauf der Zeit ändern. Er kann und will nicht alle denk­ba­ren Kon­stel­la­tio­nen abde­cken, dient Unter­hal­tungs- und Erst­ori­en­tie­rungs­zwe­cken und soll Sie zur früh­zei­ti­gen Abklä­rung von Rechts­fra­gen moti­vie­ren, nicht aber davon abhal­ten.


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