Ablauf des Vergabeverfahrens

Inhaltsverzeichnis

Bedarfsermittlung

Bevor der öffentliche Auftraggeber seine Absicht, einen Auftrag im Vergabeverfahren zu erteilen, öffentlich bekannt macht, bedarf es einiger Vorbereitung. Im Folgenden einige Schritte. Zunächst muss der Auftraggeber seinen konkreten Bedarf ermitteln. Er muss daher feststellen, was genau er benötigt, wann er es benötigt, für welchen Zeitraum und mit Wirkung für wen. Wenn er diese Erwägungen angestellt hat, muss er die benötigte Leistungsart feststellen (Bauleistung, Dienstleistung, Lieferleistung, ...).

Markterkundung

Im Wege der Markterkundung sammelt der öffentliche Auftraggeber Informationen über die am Markt zur Verfügung stehenden Produkte und Methoden, zu potenziellen Bietern sowie den üblichen Preisen. Das dient letztlich als Grundlage zur Erstellung der Vergabeunterlagen und zur Ermittlung der richtigen Vergabeverfahrensart. Es besteht zwar keine Verpflichtung, jedoch empfiehlt es sich, vor jeder Vergabe eine Markterkundung durchzuführen.

Auftragswertschätzung

Der Wert des zu vergebenden Auftrages ist in der Regel ausschlaggebend dafür, ob eine nationale oder europäische Vergabe stattfindet und welche Vergabeverfahrensart gewählt werden kann. Bei der Auftragswertschätzung ist gem. § 3 Abs. 1 VgV vom voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen, etwaige Optionen oder Vertragsverlängerungen sind anteilig zu berücksichtigen.

Die Schätzung hat nach rein objektiven Kriterien zu erfolgen. Es versteht sich von selbst, dass der öffentliche Auftraggeber den Wert des beabsichtigten Auftrags nicht bewusst so schätzen bzw. den Auftrag nicht so „zuschneiden“ darf, dass er die „strengen“ Regelungen des EU-Vergabeverfahrens umgeht.

Verfahrensordnung

Ausgehend von den Ergebnissen der Auftragswertschätzung und der festgestellten Leistungsart ergibt sich in der Folge das Vergaberegime. So ist für Liefer- und Dienstleistungen oberhalb der EU-Schwellenwerte in der Regel die VgV anwendbar, während unterhalb der Schwelle – abhängig vom jeweiligen Landesrecht – in dem meisten Fällen die UVgO zum Zuge kommt. Für Bauleistungen gilt hingegen unterhalb des EU-Schwellenwertes die VOB/A und oberhalb des EU-Schwellenwertes die VOB/A EU.

Losbildung

Um auch mittelständischen Unternehmen die Teilnahem am Vergabeverfahren zu ermöglichen, ist die Leistung in Teil- und Fachlose aufzuteilen. Teillose werden dabei in der Regel nach Mengen oder Gebieten unterteilt, während Fachlose in Abhängigkeit von Fachgebieten zu bilden sind.

Verfahrensart

Ein weiterer wichtiger Vorbereitungsschritt stellt die Wahl der Verfahrensart dar. Zur Verfügung stehen beispielsweise das offene Verfahren bzw. die öffentliche Ausschreibung, das nicht offene Verfahren bzw. die beschränkte Ausschreibung oder das Verhandlungsverfahren.

Diese Entscheidung ist wegweisend für den Ablauf der Ausschreibung. Denn hier werden die Weichen gestellt, ob sich die Ausschreibung an die faktisch unbegrenzte Öffentlichkeit richtet, oder ob nur einige ausgesuchte Unternehmen am Verfahren teilnehmen können.

Unterlagenerstellung

Danach erstellt der öffentliche Auftraggeber die Vergabeunterlagen. Das sind z.B. Leistungsbeschreibungen, Bewerbungsbedingungen sowie Vertragsunterlagen.

Bekanntmachung

Sind alle vorbereitenden Handlungen erledigt und die Unterlagen vollständig erstellt, muss die Ausschreibung veröffentlicht werden, damit Bieter von ihr Kenntnis erlangen können

Die Bekanntmachung des Vergabeverfahrens erfolgt auf bestimmten Vergabeplattformen, in Print- oder Online-Medien. Sie muss die wesentlichen Informationen, insbesondere Auftraggeber, Art und Umfang des Auftrages, Ausführungsort sowie Art des Vergabeverfahrens, enthalten. Durch die Bekanntmachung soll ein potentieller Bieter in die Lage versetzt werden, über die Teilnahme am Vergabeverfahren zu entscheiden.

Diese ersten Schritte hat der öffentliche Auftraggeber zu verantworten. Mit Veröffentlichung der Bekanntmachung liegt die Entscheidung bei den Bietern, ob sie am Vergabeverfahren teilnehmen oder nicht.

Angebotserstellung

Interessierte Unternehmen sollten die zur Verfügung gestellten Unterlagen sorgfältig studieren und sämtliche geforderten Unterlagen, Nachweise, Referenzen und Erklärungen zusammenstellen. Vor Angebotsabgabe sollte z.B. nochmals überprüft werden, ob auch alle erforderlichen Signaturen (handschriftlich oder digital) vorhanden sind. Wichtig ist u.a., das Angebot auf dem vom Auftraggeber vorgegebenen Wege zu versenden. Es empfiehlt sich zudem, Kopien von allen einzureichenden Unterlagen zu fertigen.

Insofern der Bieter Teile der Unterlagen nicht versteht oder Vorgaben unklar sind, besteht für ihn die Möglichkeit, Bieterfragen an den Auftraggeber zu richten.

Angebotsöffnung

Nach Ablauf der Angebotsfrist öffnet der Auftraggeber die Angebote. Während früher noch tatsächliche Umschläge mit darin enthaltenen Angebotenen zu öffnen waren, läuft dieser Schritt heutzutage beinahe ausschließlich elektronisch ab. Auch die Öffnung findet daher in der Regel digital statt.

Angebotsprüfung

Die eingereichten Angebote werden auf Vollständigkeit und formale Verstöße geprüft. Findet der Auftraggeber Verstöße, so muss er entscheiden, ob fehlende Unterlagen nachgefordert bzw. Unklarheiten durch Nachfragen ausgeräumt werden können, dürfen und/oder müssen. Er hat insoweit ggf. ein Ermessen, von dem er auf rechtmäßige Weise Gebrauch machen muss. Er kann aber auch eine Nachforderung von vornherein für alle Bieter bzw. Teilnehmer ausschließen. Eine Nachforderungsmöglichkeit besteht nicht bei zwingenden Ausschlussgründen, etwa wenn Angebote nicht ordnungsgemäß verschlüsselt oder unterzeichnet sind oder aber in manchen Fällen bei fehlenden Preisangaben oder versäumter Angebotsfrist.

Wertung der Angebote

Auf die formale Prüfung folgt die inhaltliche Prüfung. Diese teilt sich wiederum in mehrere Stufen: Eignungsprüfung, Preisprüfung und Wertung im engeren Sinn.

Zunächst klärt der Auftraggeber, ob der Bieter die festgelegten Eignungskriterien erfüllt, ob er also mit seinen personellen und technischen Mitteln in der Lage ist, den Auftrag ordnungsgemäß zu erfüllen. Bieter, die die geforderten Kapazitäten und Qualifikationen nicht nachweisen können, werden in der Regel ausgeschlossen. In bestimmten Fällen darf der Auftraggeber aber fehlende Angaben nachfordern.

Bei der Preisprüfung wird vor allem die „Auskömmlichkeit des Angebotes“ überprüft. Gibt ein Bieter einen auffällig niedrigen Preis an, so liegt der Verdacht nahe, dass Löhne unterhalb des Mindestlohns, gesetzeswidrige Arbeitszeiten oder auch minderwertiges Material eingeplant werden. Der Auftraggeber muss sich dann ggf. absichern, dass ein Bieter bei der Ausführung des Auftrages nicht in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät und den Auftrag deshalb nicht ordnungsgemäß oder in der geforderten Qualität abschließen kann.

Zuletzt wird anhand der zuvor festgelegten Zuschlagskriterien das wirtschaftlichste Angebot ausgewählt. Dieses bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes können neben dem Preis oder den Kosten auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Aspekte berücksichtigt werden. Allerdings muss vorab bekannt gemacht werden, welche Kriterien der Auftraggeber heranziehen möchte.

Informations- und Wartepflicht

Handelt es sich um ein EU-weites Vergabeverfahren, so werden die unterlegenen Bieter noch vor dem Zuschlag informiert. Ihnen werden die beabsichtigte Zuschlagerteilung, der Name des ausgewählten Bieters und die Gründe für ihren Ausschluss bzw. die Nichtberücksichtigung ihres Angebots mitgeteilt. Auch im nationalen Vergabeverfahren erhalten die unterlegenen Bieter eine Mitteilung, allerdings häufig erst nach Zuschlagserteilung, außer der Auftraggeber entscheidet sich anders oder es ist z.B. im Landesvergaberecht abweichend vorgesehen.

Beendigung des Verfahrens

Das Vergabeverfahren wird beendet durch Zuschlag oder Aufhebung. Entweder konnte die Angebotsprüfung in allen Schritten vollzogen und das wirtschaftlichste Angebot ermittelt werden. Dann erhält der Bieter mit dem wirtschaftlichsten Angebot den Zuschlag. Oder aber das Verfahren wird insgesamt aufgehoben. Eine Aufhebung ist z.B. bei geänderten Rahmenbedingungen oder ungeeigneten Angeboten möglich.

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