Neu­es zur HOAI – Ent­wurf der HOAI-Ände­rungs­ver­ord­nung; Ände­rung des Umsatz­steu­er­sat­zes auf Archi­tek­ten- und Inge­nieur­leis­tun­gen*

Es gibt zwei gesetz­ge­be­ri­sche Ent­wick­lun­gen im Bereich der Archi­tek­ten- und Inge­nieur­leis­tun­gen, denen öffent­li­che Auf­trag­ge­ber, aber auch Auf­trag­neh­mer und Bie­ter der­zeit beson­de­re Auf­merk­sam­keit wid­men soll­ten. Zum einen die Neu­fas­sung der HOAI. Hier­nach ist mit einer neu­en HOAI zum 1. Janu­ar 2021 zu rech­nen. Zum ande­ren die Aus­wir­kun­gen der befris­te­ten Ände­rung des Umsatz­steu­er­ta­rifs; dies ins­be­son­de­re des­halb, weil ein höhe­rer Umsatz­steu­er­satz für die öffent­li­che Hand in der Regel zu einer höhe­ren wirt­schaft­li­chen Defi­ni­tiv­be­las­tung führt.

Neue Ermäch­ti­gungs­grund­la­ge für den Erlass der HOAI

Ver­an­lasst durch das EuGH-Urteil vom 4. Juli 2019 (Rs. C‑377/17), ist der deut­sche Gesetz­ge­ber gera­de dabei, die Ermäch­ti­gungs­grund­la­ge für eine Ände­rung der HOAI neu zu fas­sen. Dies ist auch erfor­der­lich. Die HOAI ist eine Rechts­ver­ord­nung, und Rechts­ver­ord­nun­gen bedür­fen einer for­mell-gesetz­li­chen Ermäch­ti­gungs­grund­la­ge, die Inhalt, Zweck und Aus­maß der zu erlas­sen­den Rechts­ver­ord­nung regelt, vgl. Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG. Inzwi­schen liegt ein „Ent­wurf eines Geset­zes zur Ände­rung des Geset­zes zur Rege­lung von Inge­nieur- und Archi­tek­ten­leis­tun­gen und ande­rer Geset­ze“ der Bun­des­re­gie­rung vor; er wur­de sogar bereits vom Deut­schen Bun­des­tag beschlos­sen (BT-Drucks. 19/21982). Wesent­li­cher Bestand­teil die­ser Neu­fas­sung der Ermäch­ti­gungs­grund­la­ge ist der Ent­fall ver­bind­li­cher Min­dest- und Höchst­sät­ze. Ganz tren­nen möch­te man sich frei­lich nicht: Zum einen soll die künf­ti­ge HOAI eine Ori­en­tie­rung für die Hono­rar­hö­he im Ein­zel­fall bie­ten, zum ande­ren soll sie nach wie vor zur Kal­ku­la­ti­on des Hono­rars die­nen, das dann jedoch durch Zu- oder Abschlä­ge ver­än­dert wer­den kann. Wie streng der Leit­bild­cha­rak­ter des HOAI-Hono­rars aus­fal­len soll, ist noch unge­klärt. Der Bun­des­rat, dem der Ent­wurf eben­falls bereits vor­ge­le­gen hat, scheint sich eine aus­führ­li­che Rege­lung der Ange­mes­sen­heits­vor­ga­ben zu wün­schen. Er ver­tritt die Ansicht, eine „aus­drück­li­che Ange­mes­sen­heits­re­ge­lung in der gesetz­li­chen Ermäch­ti­gungs­grund­la­ge selbst“ kön­ne die gericht­li­che Über­prü­fung von Hono­rar­for­de­run­gen „erleich­tern und lang­wie­ri­ge Strei­tig­kei­ten zu ver­mei­den hel­fen“ (Stel­lung­nah­me vom 18. Sep­tem­ber 2020, BR-Drucks. 445/20). Man wird also noch sehen, wie streng die Leit­bild-Rege­lun­gen letzt­lich aus­fal­len.

HOAI-Ände­rungs­ver­ord­nung

Inzwi­schen liegt auch ein Ent­wurf einer „Ver­ord­nung zur Ände­rung der Hono­rar­ord­nung für Archi­tek­ten und Inge­nieu­re (HOAI-Ände­rungs­ver­ord­nung)“ (im Fol­gen­den: HOAI‑E) vom 7. August 2020 des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Wirt­schaft und Ener­gie vor. Inter­es­sant ist bereits der künf­ti­ge § 1 HOAI‑E, nach dem die Rege­lun­gen der HOAI zugrun­de gelegt wer­den „kön­nen“ – also nicht „müs­sen“. Die­se Vor­ga­be bewegt sich also auf der­sel­ben Linie wie die Ermäch­ti­gungs­grund­la­ge, die der­zeit das par­la­men­ta­ri­sche Ver­fah­ren durch­läuft. Ent­spre­chend fällt auch § 2 Abs. 12 HOAI‑E aus. Die Bestim­mung sieht vor, dass die Hono­rar­ta­feln „Ori­en­tie­rungs­wer­te“ aus­wei­sen, „die an der Art und dem Umfang der Auf­ga­be sowie an der Leis­tung aus­ge­rich­tet sind.“ Wei­ter­hin wird vom „Basis­ho­no­rar­satz“ gespro­chen, der, so § 2 Abs. 13 HOAI‑E,  „der jeweils unte­re in den Hono­rar­ta­feln die­ser Ver­ord­nung ent­hal­te­ne Hono­rar­satz“ ist. Fer­ner ersetzt u.a. § 7 HOAI‑E die Schrift­form durch die Text­form und sieht in Absatz 1 vor, dass bei Feh­len einer „Ver­ein­ba­rung über die Höhe der Ver­gü­tung in Text­form“ der Basis­ho­no­rar­satz als ver­ein­bart gilt. Inter­es­sant ist auch § 7 Abs. 2 HOAI‑E, denn hier­nach muss der Auf­trag­neh­mer „den Auf­trag­ge­ber, sofern die­ser Ver­brau­cher ist, spä­tes­tens mit der Abga­be eines Ange­bots in Text­form dar­auf“ hin­wei­sen, „dass ein höhe­res oder nied­ri­ge­res Hono­rar als die in den Hono­rar­ta­feln die­ser Ver­ord­nung ent­hal­te­nen Wer­te ver­ein­bart wer­den kann.“ Für den geneig­ten Leser mag fol­gen­der Gedan­ke in die­sem Zusam­men­hang auf­schluss­reich sein: Ver­brau­cher­schutz lässt sich durch Auf­klä­rung oder durch auto­ri­ta­ti­ve Regel­set­zung gewähr­leis­ten. Man kann ver­ein­fa­chend vom Infor­ma­ti­ons­mo­dell auf der einen Sei­te und dem Sozi­al­mo­dell auf der ande­ren Sei­te spre­chen. Wäh­rend das Infor­ma­ti­ons­mo­dell einen mün­di­gen, auf­klä­rungs­fä­hi­gen Ver­brau­cher vor­aus­setzt und des­halb sel­bi­gen infor­miert wis­sen möch­te, geht das Sozi­al­mo­dell eher von einem weni­ger infor­ma­ti­ons­be­rei­ten, vor sich selbst zu schüt­zen­den Ver­brau­cher aus. Das Infor­ma­ti­ons­mo­dell arbei­tet dem­entspre­chend mit Informations‑, Kenn­zeich­nungs- und Auf­klä­rungs­pflich­ten, das Sozi­al­mo­dell hin­ge­gen mit dem AGB-Recht, der Anord­nung der zwin­gen­den oder halb­zwin­gen­den Gel­tung von Rechts­nor­men und eng­ma­schi­gen rich­ter­li­chen Kon­troll­be­fug­nis­sen. Wie oben erwähnt, der Bun­des­rat – und nicht nur der – wünscht sich Vor­ga­ben zur Ange­mes­sen­heits­kon­trol­le von Hono­ra­ren; unter Ver­brau­cher­schutz­ge­sichts­punk­ten eine Vor­ge­hens­wei­se, die eher dem Sozi­al­mo­dell ver­haf­tet ist. Der Ver­ord­nungs­ge­ber setzt hin­ge­gen schein­bar eher auf das Infor­ma­ti­ons­mo­dell, wobei die der­zei­ti­ge For­mu­lie­rung sehr redu­ziert ist. Auch der Ver­ord­nungs­ge­ber kann dem Sozi­al­mo­dell etwas abge­win­nen, wenn er in § 2 Abs. 12 HOAI‑E von „Ori­en­tie­rungs­wer­ten“ spricht, begrenzt die­se Ori­en­tie­rungs­funk­ti­on aber – zumin­dest im Text des Ent­wurfs, nicht aber in den Erläu­te­run­gen hier­zu – nicht aus­drück­lich auf den Ver­brau­cher­schutz. Letzt­lich muss man Acht geben, dass das Sozi­al­mo­dell nicht argu­men­ta­tiv dazu miss­braucht wird, eta­blier­te Markt­teil­neh­mer – und gera­de nicht Ver­brau­cher – vor einem ver­meint­li­chen Preis­ver­fall zu schüt­zen. Ins­be­son­de­re wenn der Ver­ord­nungs­ge­ber sich im Text der Ver­ord­nung eher für das Infor­ma­ti­ons­mo­dell zu ent­schei­den scheint.

Ver­min­der­ter Umsatz­steu­er­satz i.H.v. 16 % und die Abrech­nung von Archi­tek­ten- und Inge­nieur­leis­tun­gen

Ein ganz ande­res, der­zeit noch wich­ti­ge­res The­ma ist die Umsatz­steu­er. Der all­ge­mei­ne Umsatz­steu­er­satz wur­de bekannt­lich von 19 % auf 16 % gesenkt, und zwar für die Zeit vom 1. Juli 2020 bis 31. Dezem­ber 2020. Das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Ver­kehr und digi­ta­le Infra­struk­tur hat schon vor eini­ger Zeit für den Bereich der Bun­des­fern­stra­ßen ein Rund­schrei­ben zu den Aus­wir­kun­gen der Umsatz­steu­er­sen­kung her­aus­ge­ge­ben (vgl. All­ge­mei­nes Rund­schrei­ben Stra­ßen­bau Nr. 16/2020 „Befris­te­te Ände­rung der Umsatz­steu­er­sät­ze im Zeit­raum vom 01.07.2020 bis 31.12.2020“ vom 09.07.2020 – Az.: StB 14/7131.4/026—3341053). Die dort erteil­ten Hin­wei­se sind nicht nur für die Bun­des­ver­wal­tung, son­dern für jeden öffent­li­chen Auf­trag­ge­ber, der Archi­tek­ten- und Inge­nieur­leis­tun­gen ver­gibt, sowie jedes Archi­tek­tur- oder Inge­nieur­bü­ro von Inter­es­se. Wir fas­sen sie in Schlag­wor­ten zusam­men, aller­dings soll­ten Sie – wenn Sie kon­kre­te Fra­gen haben – das Rund­schrei­ben direkt ein­se­hen, Anwen­dungs­hil­fen in Ihrem Bereich kon­sul­tie­ren und frei­lich auch anwalt­li­che Hil­fe in Zwei­fels­fäl­len in Anspruch neh­men:
  • Grund­sätz­lich kommt es für die Fra­ge, wel­cher Umsatz­steu­er­satz anzu­wen­den ist, auf den Zeit­punkt der Aus­füh­rung der Leis­tun­gen an. Sofern die Leis­tun­gen nach dem 30. Juni 2020, jedoch vor dem 1. Janu­ar 2021 erbracht wur­den, beträgt der Umsatz­steu­er­satz 16 %. Die Umsatz­steu­er ist in den nach der HOAI berech­ne­ten Hono­ra­ren nicht ent­hal­ten.
  • Der Aus­füh­rungs­zeit­raum soll bei „Werk­ver­trä­gen ein­schließ­lich Archi­tek­ten- und Inge­nieur­leis­tun­gen“ grund­sätz­lich der Zeit­punkt der Voll­endung des Werks sein. Denn die Voll­endung fal­le regel­mä­ßig mit der Abnah­me zusam­men.
  • Die Leis­tun­gen, wel­chen die Leis­tungs­bil­der der HOAI zugrun­de lie­gen, sind „grund­sätz­lich“ ein­heit­li­che Leis­tun­gen, auch wenn die Gesamt­leis­tung „nach der Beschrei­bung in der HOAI, ins­be­son­de­re durch die Auf­glie­de­rung der Leis­tungs­bil­der in Leis­tungs­pha­sen, teil­bar“ ist. Allein die „Auf­glie­de­rung der Leis­tungs­bil­der zur Ermitt­lung des (Teil-)Honorars“ füh­re nicht zur Annah­me von Teil­leis­tun­gen i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 1a UStG.
  • Es sei­en jedoch Teil­leis­tun­gen anzu­neh­men, wenn „im Rah­men des Gesamt­auf­trags über ein Leis­tungs­bild zusätz­li­che Ver­ein­ba­run­gen über die geson­der­te Aus­füh­rung und Hono­rie­rung ein­zel­ner Leis­tungs­pha­sen getrof­fen“ wor­den sei. „Ansons­ten“ wird auf Nr. 2 des Rund­schrei­bens ver­wie­sen; dort wird fest­ge­hal­ten, dass der ermä­ßig­te Steu­er­satz für nach dem 30. Juni 2020 erbrach­te Leis­tun­gen auch inso­weit gel­te, als Abschlags- oder Vor­aus­zah­lun­gen vor dem 1. Juli 2020 geleis­tet wor­den sei­en.
  • Inter­es­sant sind auch die Hin­wei­se betref­fend die Durch­füh­rung neu­er Ver­ga­be­ver­fah­ren, die hier nicht wie­der­ge­ge­ben wer­den sol­len, son­dern am bes­ten direkt ein­ge­se­hen wer­den.
*Die­ser Rechts­tipp ersetzt kei­nen anwalt­li­chen Rat im Ein­zel­fall. Er ist natur­ge­mäß unvoll­stän­dig, auch ist er nicht auf Ihren Fall bezo­gen und stellt zudem eine Moment­auf­nah­me dar, da sich gesetz­li­che Grund­la­gen und Recht­spre­chung im Lauf der Zeit ändern. Er kann und will nicht alle denk­ba­ren Kon­stel­la­tio­nen abde­cken, dient Unter­hal­tungs- und Erst­ori­en­tie­rungs­zwe­cken und soll Sie zur früh­zei­ti­gen Abklä­rung von Rechts­fra­gen moti­vie­ren, nicht aber davon abhal­ten.

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