Markt­er­kun­dung

Wäh­rend der Vor­be­rei­tung auf ein Ver­ga­be­ver­fah­ren, wird dem öffent­li­chen Auf­trag­ge­ber eine Ana­ly­se des Mark­tes emp­foh­len, um einen weit­rei­chen­den Über­blick über die am Markt ver­füg­ba­ren Ange­bo­te zu bekom­men. So kann man einen rei­bungs­lo­sen Ablauf des Wett­be­werbs erzie­len und allen Bie­tern die glei­chen Chan­cen ein­räu­men. Wich­tig ist daher, aus­rei­chend Grün­de vor­zu­wei­sen, wel­cher Her­stel­ler die Vor­stel­lun­gen des Auf­trag­ge­bers best­mög­lich umset­zen kann. Bei eini­gen Auf­trag­ge­bern spielt die Direkt­ver­ga­be eine gro­ße Rol­le. Hier­bei ver­han­delt man mit nur einem Bie­ter. Dies könn­te aller­dings bei Nach­prü­fungs­in­stan­zen zu schwer­wie­gen­den Fol­gen füh­ren und eine Art Dis­kri­mi­nie­rung, den ande­ren Bie­tern gegen­über, her­vor­ru­fen.

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Was genau ist eine Markt­er­kun­dung und wie läuft sie ab?

Es gibt kei­ne genaue Vor­ga­be, wie eine Markt­er­kun­dung durch­ge­führt wird. Man kann ledig­lich sagen, dass man bei einer Markt­er­kun­dung rele­van­te Infor­ma­tio­nen für Beschaf­fungs­ge­gen­stän­de (Waren, Güter, Leis­tun­gen) recher­chiert, sam­melt und doku­men­tiert. Somit kön­nen die ermit­tel­ten Ange­bo­te des bestehen­den Mark­tes der Kal­ku­la­ti­on des Auf­trag­ge­bers zugrun­de gelegt wer­den, um Aus­schrei­bun­gen best­mög­lich auf die Beschaf­fungs­wün­sche der öffent­li­chen Auf­trag­ge­ber anpas­sen zu kön­nen.

In den meis­ten Fäl­len wird eine Markt­er­kun­dung vor einem Ver­ga­be­ver­fah­ren durch­ge­führt. Bei der Durch­füh­rung eines Ver­ga­be­ver­fah­rens ist strengs­tens zu beach­ten, dass es sich nicht nur um eine Kos­ten- und Preis­er­mitt­lung zum Zwe­cke der Markt­er­kun­dung han­delt. Ansons­ten ist des­sen Durch­füh­rung unzu­läs­sig.

Außer­dem darf eine Markt­er­kun­dung nicht mit einer Beschaf­fung ver­wech­selt wer­den. Daher ist es essen­ti­ell, die Unver­bind­lich­keit der Erkun­dung von vorn­her­ein klar zu kom­mu­ni­zie­ren und wäh­rend­des­sen eine Doku­men­ta­ti­on zur Absi­che­rung zu füh­ren. Es ist wich­tig, die Schwel­le zu einem Ver­ga­be­ver­fah­ren nicht unge­wollt zu über­schrei­ten. Sich Infor­ma­tio­nen ein­zu­ho­len ist kein Pro­blem, wenn dabei nicht ein Auf­trag erteilt wird oder kon­kre­te Ver­hand­lun­gen statt­fin­den. Dies soll einen Wett­be­werbs­vor­teil zuguns­ten eines bestimm­ten Bie­ters ver­hin­dern.

War­um führt man über­haupt eine Markt­er­kun­dung durch?

Prin­zi­pi­ell ist es für den Auf­trag­ge­ber wich­tig, sich die Vor- und Nach­tei­le ver­schie­de­ner Pro­duk­te ein­zu­ho­len und die­se gewis­sen­haft zu ver­glei­chen, um ein pas­sen­des Ange­bot zu erzie­len. Die­se Infor­ma­tio­nen kön­nen vom Auf­trag­ge­ber im Inter­net recher­chiert oder auch direkt bei Unter­neh­men ange­fragt wer­den. Wich­tig ist dabei, sich den Rat von unab­hän­gi­gen Sach­ver­stän­di­gen, Behör­den, etc. ein­zu­ho­len, um eine Dis­kri­mi­nie­rung der Bie­ter aus­zu­schlie­ßen. Es gibt vie­le Grün­de, die für eine Markt­er­kun­dung spre­chen.

Eine Markt­er­kun­dung ist unter ande­rem sehr sinn­voll für die Bestim­mung des Beschaf­fungs­be­darfs. Wie genau die­ser Bedarf defi­niert wird, ist immer abhän­gig von den Vor­stel­lun­gen der jewei­li­gen Auf­trag­ge­ber selbst. Dabei gilt es für den Auf­trag­ge­ber, die Auf­trags­ge­gen­stän­de aus­führ­lich und ein­deu­tig zu beschrei­ben, um die Ange­bo­te der Bie­ter best­mög­lich mit­ein­an­der zu ver­glei­chen.

Des Wei­te­ren hilft die Markt­er­kun­dung bei der Erstel­lung der Ver­ga­be­un­ter­la­gen. Nicht nur das Abfas­sen einer Leis­tungs­be­schrei­bung kann hier­durch ver­ein­facht wer­den, eben­so kön­nen die maß­geb­li­chen Eig­nungs­kri­te­ri­en der am Ver­fah­ren zu betei­li­gen­den Unter­neh­men ermit­telt und fest­ge­legt wer­den.

Dar­über hin­aus soll durch die Ana­ly­se des Mark­tes, das bes­te Preis-Leis­tungs-Ver­hält­nis ermit­telt wer­den. Dies gelingt durch die Bestim­mung von Zuschlags­kri­te­ri­en, wie bei­spiels­wei­se Qua­li­tät, Preis, Ren­ta­bi­li­tät, tech­ni­scher Wert, etc.

Ein wei­te­rer Grund ist die Auf­trags­wert­schät­zung. Hier­bei wird fest­ge­stellt, ob der Auf­trags­wert ober­halb des Schwel­len­werts (EU-Ver­ga­be­recht) oder unter­halb des Schwel­len­werts (natio­na­les Ver­ga­be­recht) liegt. Anhand der zu erwar­ten­den Gesamt­ver­gü­tung wird der Auf­trags­wert der zu beschaf­fen­den Leis­tun­gen geschätzt.

Zu guter Letzt soll­te man noch erwäh­nen, dass eine Markt­ana­ly­se eben­falls zur Ermitt­lung der rich­ti­gen Ver­ga­be­ver­fah­rens­art und des mög­li­chen Bewer­ber- und/oder Bie­ter­krei­ses wich­tig ist.

Pflicht oder kei­ne Pflicht?

Ob es eine Pflicht zur Markt­er­kun­dung gibt oder nicht, ist in der Recht­spre­chung ins­be­son­de­re dann sehr umstrit­ten, wenn der Auf­trag­ge­ber hersteller‑, ver­fah­rens- oder pro­dukt­spe­zi­fisch aus­schrei­ben will.

Auf der einen Sei­te beschlos­sen das OLG Ros­tock und das OLG Düs­sel­dorf, kei­ne Pflicht zur Markt­er­kun­dung anzu­neh­men. Auf der ande­ren Sei­te, haben das OLG Jena, das OLG Cel­le und die VK Nie­der­sach­sen gegen­tei­li­ges ent­schie­den. Sie sind der Mei­nung, dass es essen­ti­ell ist, sich einen Über­blick über den Markt zu ver­schaf­fen und schluss­end­lich die Ent­schei­dung auf die­ser Grund­la­ge aus­führ­lich zu doku­men­tie­ren.

Die wohl herr­schen­de Mei­nung ver­langt nicht, dass der Auf­trag­ge­ber vor einer Auf­trags­spe­zi­fi­ka­ti­on Markt­er­kun­dun­gen oder Markt­ana­ly­sen mit dem Ziel durch­führt zu erfor­schen, ob ande­re Pro­duk­te in Fra­ge kom­men oder „ob ande­re – alter­na­ti­ve – tech­ni­sche Lösungs­an­sät­ze denk­bar sind“. Soll aller­dings ein Ver­hand­lungs­ver­fah­ren ohne Teil­nah­me­wett­be­werb durch­ge­führt wer­den, sind auf­grund der beson­de­ren Begrün­dungs­er­for­der­nis­se für die Wahl die­ses Ver­fah­rens stren­ge­re Anfor­de­run­gen zu stel­len, wonach grund­sätz­lich eine Markt­er­kun­dung durch­zu­füh­ren ist. Es gilt inso­weit die Effi­zi­enz­ef­fek­te des frei­en Mark­tes zu nut­zen, um weit­rei­chend über Alter­na­ti­ven der Pro­duk­te Bescheid zu wis­sen. Es kann jedoch zu einem Ver­hand­lungs­ver­fah­ren ohne Teil­nah­me­wett­be­werb kom­men, bei dem kei­ne Pflicht zur Markt­er­kun­dung erfor­der­lich ist. Dies geschieht unter außer­ge­wöhn­li­chen Umstän­den, bei denen kei­ne Alter­na­ti­ven hin­sicht­lich des Beschaf­fungs­ge­gen­stands vor­lie­gen.

Grund­sätz­lich besteht zwar kei­ne nor­mier­te Pflicht für eine Markt­er­kun­dung, sie soll­te gleich­wohl vor Ein­lei­tung eines Ver­ga­be­ver­fah­rens durch­ge­führt und aus­führ­lich doku­men­tiert wer­den.

Was ist das Inter­es­sen­be­kun­dungs­ver­fah­ren (IBV)?

Das Inter­es­sen­be­kun­dungs­ver­fah­ren hat vie­ler­lei Bedeu­tun­gen, wes­halb hier­bei die Ver­bin­dung zur Markt­er­kun­dung deut­lich wer­den muss. Es beschreibt zum einen ein form­lo­ses Ver­fah­ren zur Markt­er­kun­dung, bei dem Kon­zept­vor­schlä­ge oder Lösun­gen von Inter­es­sen­ten vor­ge­stellt wer­den. Hier­bei ist eine Beleh­rung essen­ti­ell, bei der her­vor­tritt, dass es sich um kei­ne Beschaf­fungs­ab­sicht han­delt, son­dern ledig­lich um eine Markt­ana­ly­se.

Zum ande­ren bedeu­tet das IBV, dass öffent­li­che Auf­trag­ge­ber in Erwä­gung zie­hen, künf­ti­ge Auf­ga­ben durch Pri­va­te erfül­len zu las­sen. Daher wird den pri­va­ten Anbie­tern die Mög­lich­keit gege­ben, dar­zu­le­gen, ob und inwie­weit sie staat­li­che Auf­ga­ben oder öffent­li­chen Zwe­cken die­nen­de wirt­schaft­li­che Tätig­kei­ten eben­so gut oder bes­ser erbrin­gen kön­nen, als die öffent­li­che Hand sel­ber.

Was ist eine Direkt­ver­ga­be und wann darf sie ange­wen­det wer­den?

Bei der Direkt­ver­ga­be wird aus­schließ­lich mit nur einem Bie­ter ver­han­delt, was bedeu­tet, dass kein Teil­nah­me­wett­be­werb durch­ge­führt wird. Daher ist es hier­bei umso wich­ti­ger, gute Grün­de für eine Ver­ga­be vor­wei­sen zu kön­nen. Es gibt tat­säch­lich eini­ge Mög­lich­kei­ten, bei denen eine Direkt­ver­ga­be emp­foh­len wird oder gar not­wen­dig ist. Wird bei­spiels­wei­se kein geeig­ne­tes Ange­bot in einem Ver­fah­ren abge­ge­ben oder wer­den die Anfor­de­run­gen des Auf­trag­ge­bers nicht erfüllt, kann die Auf­trags­ver­ga­be im Wege einer Direkt­ver­ga­be durch­ge­führt wer­den. Das Glei­che gilt für Dring­lich­keits­ver­ga­ben, für Lie­fer­leis­tun­gen zu For­schungs- und Ent­wick­lungs­zwe­cken sowie für Auf­trä­ge, wel­che zu unver­hält­nis­mä­ßi­gen Schwie­rig­kei­ten füh­ren kön­nen (z.B. bei dem Kauf von unter­schied­li­chen tech­ni­schen Merk­ma­len). Ein wei­te­rer Grund könn­te ent­ste­hen, wenn nur ein ein­zi­ges Unter­neh­men den Auf­trag erfül­len kann (z.B. ein­zig­ar­ti­ges Kunst­werk).

Grund­sätz­lich soll­te man bei einer Direkt­ver­ga­be immer auf genug Bele­ge für die Aus­nah­me­si­tua­ti­on und eine aus­führ­li­che Doku­men­ta­ti­on ach­ten. Eine unrecht­mä­ßig durch­ge­führ­te Direkt­ver­ga­be gilt es zu ver­mei­den. Ist dies jedoch der Fall, muss ggf. mit Scha­den­er­satz­for­de­run­gen gerech­net wer­den.

Wie glei­che ich einen Wett­be­werbs­vor­teil aus?

Einem Auf­trag­ge­ber wird es frei­ge­stellt, wie er sich einen Markt­über­blick ver­schafft. Infor­ma­tio­nen kön­nen zum Bei­spiel über Unter­neh­men ein­ge­holt oder im Inter­net recher­chiert wer­den. Dabei ist es wich­tig, nicht gegen den Wett­be­werbs­grund­satz zu ver­sto­ßen. Denn der Wett­be­werbs­grund­satz sagt aus, dass ein fai­rer Markt nur mit Chan­cen­gleich­heit bestehen kann und dabei der Beschaf­fungs­vor­gang unvor­ein­ge­nom­men und von Ver­fäl­schung befreit sein soll. Erhält ein Unter­neh­men auf­grund der Markt­er­kun­dung vor dem Ver­ga­be­ver­fah­ren gewollt oder unge­wollt Son­der­wis­sen, müs­sen vom Auf­trag­ge­ber ent­spre­chen­de Aus­gleichs­maß­nah­men ein­ge­lei­tet wer­den. Um die­se Vor­tei­le aus­zu­glei­chen, gibt es eini­ge Mög­lich­kei­ten. Zum Bei­spiel kön­nen die Ergeb­nis­se und deren Weg dort­hin für alle poten­ti­el­len Bie­ter offen­bart wer­den und die Ange­bots­frist ent­spre­chend ver­län­gert wer­den. Eben­so soll­ten die Gesprächs­in­hal­te zwi­schen den jewei­li­gen Unter­neh­men und dem Auf­trag­ge­ber umfas­send doku­men­tiert wer­den. Wenn die­se Infor­ma­tio­nen im Ver­ga­be­ver­fah­ren offen­ge­legt wer­den, kann man nicht mehr von einem Vor­sprung eines Unter­neh­mens reden. Sofern sämt­li­che Aus­gleich­mög­lich­kei­ten schei­tern, kann das vor­be­fass­te Unter­neh­men als ulti­ma ratio vom Ver­ga­be­ver­fah­ren aus­ge­nom­men wer­den.

Markt­er­kun­dung – Ver­ga­be­rechts­le­xi­kon

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