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Eine Transformation der Vergabe – Ringparabel 2.0

Eine Trans­for­ma­ti­on der Ver­ga­be – Ring­pa­ra­bel 2.0 | Teil 2

Teil 2: Rechts­schutz – Die Beschleu­ni­gung der Beschleu­ni­gung

Ende Sep­tem­ber letz­ten Jah­res wur­de der Refe­ren­ten­ent­wurf zum Ver­ga­be­trans­for­ma­ti­ons­ge­setz – wel­cher eine umfas­sen­de Über­ar­bei­tung der bun­des­recht­li­chen Ver­ga­be­rechts­nor­men im Ober- wie im Unter­schwel­len­be­reich vor­sieht – ver­öf­fent­licht und damit das Ergeb­nis eines Pro­zes­ses, wel­cher vor knapp zwei Jah­ren begann.

In einem ers­ten Bei­trag setz­ten sich Fried­rich Schnoor und Dr. Fer­di­nand Moors kri­tisch mit die­sem Ent­wurf aus­ein­an­der und fokus­sier­ten sich auf das The­ma „Nach­hal­ti­ge Beschaf­fung“. In die­sem zwei­ten Teil rücken die Aus­wir­kun­gen auf den Rechts­schutz in den Fokus der Betrach­tung.

Rechts­schutz – Die Beschleu­ni­gung der Beschleu­ni­gung

Schon jetzt gilt im Nach­prü­fungs­ver­fah­ren vor der Ver­ga­be­kam­mer das Beschleu­ni­gungs­ge­bot (§ 167 GWB). Der GWB-RefE bezweckt jedoch eine wei­te­re Beschleu­ni­gung des Nach­prü­fungs­ver­fah­rens. Wel­che Ver­än­de­run­gen der Ent­wurf bei sei­ner Ver­ab­schie­dung als Gesetz mit sich bräch­te und ob die­se Ver­än­de­run­gen mit Blick auf die uni­ons­recht­li­chen Vor­ga­ben einem kri­ti­schen Blick des EuGH stand­hiel­ten, soll im Fol­gen­den erör­tert wer­den.

Pro­blem­dar­stel­lung und Ziel­set­zung des Refe­ren­ten­ent­wur­fes

Der Refe­ren­ten­ent­wurf wür­digt zunächst ein­mal die Bedeu­tung der öffent­li­chen Beschaf­fung als „Wirt­schafts­mo­tor“ und kon­sta­tiert, dass auf­grund von „viel­fäl­ti­gen Her­aus­for­de­run­gen“ und wegen „drän­gen­der Zukunfts­fra­gen“ wei­te­rer Reform- bzw. genau­er Ver­ein­fa­chungs­be­darf bestün­de.

Neben ande­ren Zie­len bewer­tet der Ent­wurf „eine Beschleu­ni­gung des Ver­ga­be­ver­fah­rens“ als „von hoher Bedeu­tung“. Dar­um soll es im Fol­gen­den gehen.

Der Lösungs­an­satz des Refe­ren­ten­ent­wur­fes

Um die­se Beschleu­ni­gung zu errei­chen, ent­hält der Refe­ren­ten­ent­wurf meh­re­re Maß­nah­men:

  • eine stär­ke­re Digi­ta­li­sie­rung,
  • die Über­tra­gung von Ent­schei­dun­gen auf Vor­sit­zen­den oder Bei­sit­zer,
  • die Ver­bes­se­rung der Rechts­si­cher­heit,
  • die Erwei­te­rung der Mög­lich­keit einer Ent­schei­dung nach Akten­la­ge sowie
  • die Begren­zung des Ent­schei­dungs­zeit­rau­mes der Ver­ga­be­kam­mern.

Die Ände­rungs­vor­schlä­ge im Ein­zel­nen

Arti­kel 1 des GWB-RefE ent­hält die geplan­ten Ände­run­gen des GWB. Ände­run­gen des Nach­prü­fungs­ver­fah­rens sind in den Num­mern 25 bis 40 ent­hal­ten. Das GWB-RefE bringt also gleich eine gan­ze Rei­he von Ände­run­gen mit sich.

Die Ände­rungs­vor­schlä­ge des Refe­ren­ten­ent­wur­fes sol­len im Fol­gen­den sor­tiert nach den eben skiz­zier­ten Maß­nah­men erör­tert wer­den. Der Schwer­punkt des Refe­ren­ten­ent­wur­fes liegt dabei auf der Digi­ta­li­sie­rung.

  • Die Digi­ta­li­sie­rung des Ver­ga­be­ver­fah­rens
  • Erset­zung der Schrift­form durch Text­form

Die Digi­ta­li­sie­rung des Nach­prü­fungs­ver­fah­rens strebt der GWB-RefE ins­be­son­de­re dadurch an, dass er die Schrift­form durch die Text­form ersetzt. So soll z.B. in § 158 Abs. 3 GWB idF des GWB-RefE (Art. 1 Nr. 26 b) des Ent­wur­fes) fest­ge­legt wer­den, dass das Nach­prü­fungs­ver­fah­ren grund­sätz­lich in Text­form „geführt” wird. Bis­her ist nach § 161 Abs. 1 GWB die Schrift­form vor­ge­ge­ben.  Ähn­li­che Ände­run­gen sehen Art. 1 Nr. 29, 33 c), 34 und 36 des Ent­wur­fes vor.

Die Begrün­dung des Refe­ren­ten­ent­wur­fes ver­weist impli­zit zutref­fend dar­auf, dass es sich beim Nach­prü­fungs­ver­fah­ren um ein Ver­wal­tungs­ver­fah­ren und damit um kein Gerichts­ver­fah­ren han­delt (vgl. § 170 GWB, fer­ner OLG Schles­wig, Beschluss vom 26.09.2019 – 54 Verg 4/19) – jeden­falls im Sin­ne des natio­na­len Rechts, dazu spä­ter mehr. Des­halb gilt § 3a VwVfG, der die Hür­den dafür setzt, die Schrift­form durch die elek­tro­ni­sche Form zu erset­zen. Dem­nach bedarf es einer qua­li­fi­zier­ten elek­tro­ni­schen Signa­tur (§ 3a Abs. 2 S. 2 VwVfG) oder eines beson­de­ren Über­mitt­lungs­we­ges, der eben­falls die Authen­ti­fi­zie­rung ermög­licht (§ 3a Abs. 3 VwVfG).

Legt man die aktu­el­le eher gerin­ge Zahl an Nach­prü­fungs­ver­fah­ren in Deutsch­land zugrun­de, bräch­te die Ände­rung der Form­vor­ga­ben wahr­schein­lich kei­ne stär­ke­re Inan­spruch­nah­me des Nach­prü­fungs­ver­fah­rens mit sich – obwohl dann ein Nach­prü­fungs­ver­fah­ren „bequem“ per E‑Mail ein­leit­bar wäre. Hier­bei ist näm­lich zu beach­ten, dass das Nach­prü­fungs­ver­fah­ren ein Ver­wal­tungs­ver­fah­ren ist. Die elek­tro­ni­sche Kom­mu­ni­ka­ti­on mit einem nicht anwalt­lich ver­tre­te­nen Auf­trag­ge­ber oder Bie­ter kann des­halb nur unter den Vor­aus­set­zun­gen des § 3a VwVfG erfol­gen, wie die Begrün­dung des GWB-RefE erwähnt. Inwie­weit nicht anwalt­lich ver­tre­te­ne Bie­ter die­sen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­weg wäh­len wer­den, bleibt abzu­war­ten.

Eine Beschleu­ni­gung ist dar­aus nicht zu erwar­ten.  

Elek­tro­ni­sche Akten­ein­sicht und ‑über­mitt­lung

Ein wei­te­rer Schritt in Rich­tung Digi­ta­li­sie­rung ist in Art. 1 Nr. 31 des Ent­wur­fes ent­hal­ten. Danach soll in § 165 Abs. 1 GWB fol­gen­der Satz 2 ergänzt wer­den:

„Die Ver­ga­be­kam­mer soll die Akten­ein­sicht elek­tro­nisch durch Über­mitt­lung

oder zum Abruf auf einem siche­ren Über­mitt­lungs­weg gewäh­ren.“

Durch die­se Vor­schrift soll die bis­her schon per E‑Mail oder Fax erle­dig­te Akten­ein­sicht in der Regel elek­tro­nisch durch­ge­führt wer­den. Da nicht alle Bie­ter einen siche­ren Über­mitt­lungs­weg vor­hal­ten, dürf­ten vie­le Bie­ter sich im Nach­prü­fungs­ver­fah­ren anwalt­lich ver­tre­ten las­sen. Emp­feh­lens­wert ist das sowie­so. Die Akten­über­mitt­lung – bei einer sofor­ti­gen Beschwer­de nach § 171 GWB – von der Ver­ga­be­kam­mer zu dem Ober­lan­des­ge­richt soll nach Art. 1 Nr. 36 des Ent­wur­fes durch Ergän­zung eines § 172 Abs. 5 GWB idF des GWB-RefE nun­mehr elek­tro­nisch erfol­gen.

Die­se Rege­lung ist zu begrü­ßen, denn sie macht die Über­mitt­lung der Akten obli­ga­to­risch. Bis­her besteht näm­lich das Pro­blem, dass die Ver­ga­be­kam­mern die Akten gele­gent­lich nicht oder nicht recht­zei­tig über­mit­teln.

Bild- und Ton­über­tra­gung der Ver­hand­lung

Sowohl die Ver­hand­lung vor der Ver­ga­be­kam­mer (Art. 1 Nr. 32 b) des Ent­wur­fes) als auch die Ver­hand­lung vor dem Ober­lan­des­ge­richt im Fall einer sofor­ti­gen Beschwer­de (Art. 1 Nr. 38 des Ent­wur­fes) sol­len nach dem GWB-RefE auf Grund­la­ge einer Ergän­zung des § 166 GWB und des § 175 Abs. 2 GWB im Wege der Bild- und Ton­über­tra­gung durch­ge­führt wer­den kön­nen.

Die­ser Reform­vor­stoß ver­läuft par­al­lel zu Bemü­hung der wei­te­ren Digi­ta­li­sie­rung der Jus­tiz (vgl. das „Gesetz zur wei­te­ren Digi­ta­li­sie­rung der Jus­tiz“, BGBl. I 2024, Nr. 234). Das wirft frei­lich die Fra­ge auf, wie­so denn das Nach­prü­fungs­ver­fah­ren vor den Ver­ga­be­kam­mern hier wie ein Gerichts­ver­fah­ren „nach­ge­bes­sert“ wird. Wie schon dar­ge­legt, ist das Nach­prü­fungs­ver­fah­ren gera­de kein Gerichts­ver­fah­ren im Sin­ne des natio­na­len Rechts. Das VwVfG kennt gera­de kei­ne Video­ver­hand­lung. Aber dazu spä­ter mehr.

Kodi­fi­zie­rung der „Fax-Recht­spre­chung“

Flan­kie­rend zur Erset­zung der Schrift­form durch die Text­form sieht Art. 1 Nr. 28 b) GWB-RefE vor, § 161 Abs. 1 GWB um fol­gen­den Satz 4 zu ergän­zen:

„Ein elek­tro­ni­sches Doku­ment ist ein­ge­gan­gen, sobald es auf der für den Emp­fän­ger bestimm­ten Ein­rich­tung der Ver­ga­be­kam­mer gespei­chert ist.“

Dies sei laut RefE not­wen­dig wegen der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung. Denn die­se habe bis­her ver­langt, dass ein nicht schrift­lich ein­ge­gan­ge­ner Nach­prü­fungs­an­trag erst mit Aus­druck des über­mit­tel­ten Doku­men­tes bei der Ver­ga­be­kam­mer ein­ge­gan­gen sei. Wel­che kon­kre­te ver­ga­be­recht­li­che (!) Recht­spre­chung der GWB-RefE im Auge hat, ist unklar. Jeden­falls möch­te der Gesetz­ge­ber mit Art. 1 Nr. 28 b) GWB-RefE, den Gedan­ken aus der schon etwas ange­staub­ten Recht­spre­chung des BGH zum Zugang von (nicht ver­ga­be­recht­li­chen!) Rechts­be­hel­fen auf dem Fax­ge­rät des Gerich­tes in Geset­zes­form zu gie­ßen (Beschluss vom 25. April 2006, IV ZB 20/05).

Sel­bi­ges hat der Gesetz­ge­ber bereits mit den § 130a Abs. 5 S. 1 ZPO, § 55a Abs. 5 S. 1 VwGO, § 32a Abs. 5 S. 1 StPO, § 46c Abs. 5 S. 1 ArbGG, § 52a Abs. 5 S. 1 FGO sowie § 65a Abs. 5 S. 1 SGG getan.

Auch hier wird wie­der deut­lich: der Gesetz­ge­ber gestal­tet das Nach­prü­fungs­ver­fah­ren bewusst wie ein gericht­li­ches Ver­fah­ren aus.

Die Über­tra­gung von Ent­schei­dun­gen

Eine wei­te­re Par­al­le­le zum gericht­li­chen Ver­fah­ren schlägt der Refe­ren­ten­ent­wurf durch eine Rei­he von Ände­run­gen vor, die Ent­schei­dun­gen durch eine Per­son (nament­lich den Vor­sit­zen­den oder den haupt­amt­li­chen Bei­sit­zer) ermög­li­chen.

Dazu zählt, die ver­fah­rens­lei­ten­den Ver­fü­gun­gen (Art. 1 Nr. 25 a) GWB-RefE) bis hin zum gan­zen Ver­fah­ren (Nr. 25 c) GWB-RefE) auf den Vor­sit­zen­den oder den haupt­amt­li­chen Bei­sit­zer zu über­tra­gen.

Laut dem Refe­ren­ten­ent­wurf hat das fol­gen­den Sinn: Mit der Umge­stal­tung der Ent­schei­dungs­zu­stän­dig­keit muss die Ver­ga­be­kam­mer nun­mehr nicht mehr in vol­ler Beset­zung dar­über ent­schei­den, dass sie die Ent­schei­dung einem ihrer Mit­glie­der über­trägt (S. 83). Das trägt zwei­fel­los zur Beschleu­ni­gung bei.

Davon aus­ge­hend wird die Bei­la­dung (Art. 1 Nr. 29 GWB-RefE), die Prü­fung der offen­sicht­li­chen Unzu­läs­sig­keit oder Unbe­grün­det­heit (Art. 1 Nr. 30 GWB-RefE), die Ver­län­ge­rung der Ent­schei­dungs­frist nach § 167 Abs. 1 S. 2 GWB idF des GWB-RefE (Art. 1 Nr. 33 a) GWB-RefE), die Infor­ma­ti­on des Auf­trag­ge­bers über den Nach­prü­fungs­an­trag nach § 169 Abs. 1 GWB idF des GWB-RefE (Art. 1 Nr. 35 a) GWB-RefE) sowie die Zustel­lung eines Schrift­sat­zes an den Antrag­stel­ler nach § 159 Abs. 4 S. 1 2. Hs. GWB idF des GWB-RefE (Art. 1 Nr. 35 b) GWB-RefE) auf den Vor­sit­zen­den oder einen haupt­amt­li­chen Bei­sit­zer über­tra­gen.

Die Über­tra­gung sichert die Ent­schei­dungs­fä­hig­keit der Ver­ga­be­kam­mern. Ver­zö­ge­run­gen dadurch, dass die ehren­amt­li­chen Bei­sit­zer nicht für eine Ent­schei­dung zur Ver­fü­gung ste­hen, wer­den dadurch wei­test­ge­hend ver­mie­den.

Ver­bes­se­rung der Rechts­si­cher­heit

Unklar bleibt im Gesetz­ge­bungs­ent­wurf, inwie­fern das GWB-RefE die Rechts­si­cher­heit ver­bes­sern wird.

Sicher, der GWB-RefE macht unmiss­ver­ständ­lich klar, dass die Ver­ga­be­kam­mer grund­sätz­lich nicht in vol­ler Beset­zung, son­dern durch den Vor­sit­zen­den oder einen haupt­amt­li­chen Bei­sit­zer ent­schei­det. Die Über­tra­gungs­ent­schei­dung ist bereits jetzt unan­fecht­bar (§ 167 Abs. 3 S. 1 GWB), eine Beset­zungs­rü­ge wie im Straf­pro­zess (§ 338 Nr. 1 StPO) kennt das GWB nicht.

Wel­cher Mehr­wert an Rechts­si­cher­heit für Auf­trag­ge­ber und Bie­ter gewon­nen ist, bleibt dabei frag­lich. Art. 1 Nr. 27 GWB-RefE mit der geplan­ten Ent­fall der Antrags­be­fug­nis bei Miss­brauch erhöht die Rechts­si­cher­heit eben­falls nicht. Im Gegen­teil. Ande­re Vor­schrif­ten kom­men hin­sicht­lich einer grö­ße­ren Rechts­si­cher­heit nicht in Betracht.

Ent­schei­dung nach Akten­la­ge und in kür­ze­rer Zeit

Aus­druck der Beschleu­ni­gung der Beschleu­ni­gung sind zwei wei­te­re Ände­run­gen.

Zum einen soll die Ver­ga­be­kam­mer unter wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen nach Akten­la­ge ent­schei­den kön­nen. Schon jetzt kann nach § 166 Abs. 1 S. 2 GWB die Ver­ga­be­kam­mer nach Lage der Akten ent­schei­den, wenn die Betei­lig­ten zustim­men oder der Nach­prü­fungs­an­trag offen­sicht­lich unzu­läs­sig oder unbe­grün­det ist.

Art. 1 Nr. 32 a) des GWB-RefE sieht – § 166 Abs. 1 GWB ergän­zend – vor, dass nun­mehr auch dann nach Akten­la­ge ent­schie­den wer­den kann, wenn dies für die Beschleu­ni­gung zweck­mä­ßig ist und die Sache kei­ne beson­de­ren Schwie­rig­kei­ten in recht­li­cher oder (!) tat­säch­li­cher Hin­sicht auf­weist.

Zum ande­ren knöpft sich Art. 1 Nr. 33 b) des GWB-RefE die Rege­lung der Ent­schei­dungs­frist in § 167 Abs. 1 S. 3 GWB vor und ergänzt die­se Rege­lung wie folgt: Die bereits um zwei Wochen ver­län­ger­te Ent­schei­dungs­frist ist im Regel­fall („soll“) nicht durch erneu­te (zwei­te) Ent­schei­dung zu ver­län­gern. In Aus­nah­me­fäl­len soll dies aber mög­lich sein. Der Refe­ren­ten­ent­wurf sta­tu­iert:

„Die aus­nahms­wei­se Not­wen­dig­keit bedarf jedoch eines beson­de­ren Begrün­dungs­auf­wands durch den Vor­sit­zen­den bzw. des haupt­amt­li­chen Bei­sit­zers.“

Ande­re Ände­run­gen

Die wei­te­ren Ände­run­gen, die nicht in das Ras­ter der ange­streb­ten Zie­le pas­sen, sind zum einen kuri­os, zum ande­ren ein­schnei­dend.

a) Aus­wei­tung des Spruch­rich­ter­pri­vi­legs

Auf den ers­ten Blick kuri­os wei­tet Art. 1 Nr. 25 d) GWB-RefE das soge­nann­te „Spruchrich­terpri­vi­leg“ auf die Mit­glie­der der Ver­ga­be­kam­mern aus. Dies hat mit Trans­for­ma­ti­on auf den ers­ten Blick wenig zu tun, son­dern been­det nur einen Mei­nungs­streit in der ver­ga­be­recht­li­chen Lite­ra­tur über die direk­te oder ana­lo­ge Anwen­dung des § 839 Abs. 2 BGB auf die Ver­ga­be­kam­mern (vgl. Horn/Hofmann, in Burgi/Dreher/Opitz, Beck’scher Ver­ga­be­rechts­kom­men­tar, Band 1, 4. Auf­la­ge, § 157 Rn. 43).

Der GWB-RefE begrün­det dies mit Ver­weis auf ein Urteil des EuGH vom 18. Sep­tem­ber 2014 (!) (näm­lich in der Rechts­sa­che C‑549/13, Rn. 23ff). Dar­in wer­den die Ver­ga­be­kam­mern als – vor­la­ge­be­rech­tig­te – Gerich­te im Sin­ne des Uni­ons­rechts qua­li­fi­ziert.

Die Arbeit der Ver­ga­be­kam­mern sei risi­ko­ge­neigt, so der GWB-RefE. Der Ver­weis auf die Gefahr, durch Gewäh­rung von Akten­ein­sicht eine Straf­tat nach § 203 StGB (Ver­let­zung von Pri­vat­ge­heim­nis­sen) zu bege­hen, scheint nicht zu pas­sen.

Denn das zivil­recht­li­che (!) Haf­tungs­pri­vi­leg nach § 839 Abs. 2 S. 1 a.E. BGB ist gar nicht anwend­bar, wenn die Pflicht­ver­let­zung eine Straf­tat ist. Des­halb nimmt § 839 Abs. 2 BGB die Mit­glie­der der Ver­ga­be­kam­mer gera­de nicht von einer etwa­igen straf­recht­li­chen (!) Ver­ant­wort­lich­keit wegen § 203 StGB (und/oder § 23 GeschGehG) aus.

Die Ergän­zung des § 157 GWB um einen Absatz 4 mit Ver­weis auf § 839 Abs. 2 BGB ändert an der mate­ri­el­len Rechts­la­ge wohl nur hin­sicht­lich der Fra­ge der zivil­recht­li­chen Haf­tung (Regress­haf­tung) etwas. Kon­kret geht es z.B. um die Fäl­le, in denen die Ver­ga­be­kam­mer dem Auf­trag­ge­ber nach § 169 Abs. 2 S. 1 GWB vor­ab gestat­tet, den Zuschlag zu ertei­len. Dage­gen kann der Antrag­stel­ler des Nach­prü­fungs­ver­fah­ren einen Antrag auf Wie­der­her­stel­lung des Ver­bo­tes erhe­ben. Kommt die­ser Antrag jedoch zu spät, kann der ein­mal erteil­te Zuschlag nicht auf­ge­ho­ben wer­den (§ 169 Abs. 2 S. 6 iVm § 168 Abs. 2 S. 1 GWB). Bean­tragt der Bie­ter in die­ser Situa­ti­on die Fest­stel­lung der Rechts­wid­rig­keit des Zuschlags gemäß § 178 S. 3 GWB, kann das Beschwer­de­ge­richt dies fest­stel­len. Stellt das Beschwer­de­ge­richt die Rechts­wid­rig­keit fest, könn­te der Bie­ter ggf. einen Amts­haf­tungs­an­spruch nach Art. 34 GG, § 83 BGB gegen das Land, des­sen Ver­ga­be­kam­mer ent­schie­den hat, (oder bei Ent­schei­dun­gen des Bun­des­kar­tell­am­tes gegen den Bund) gel­tend machen. Das zustän­di­ge Land­ge­richt (§ 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG) wäre dann an die Ent­schei­dung des Beschwer­de­ge­rich­tes gebun­den (§ 179 Abs. 1 GWB). Ohne das Spruch­rich­ter­pri­vi­leg wäre das betref­fen­de Land bzw. der Bund ver­pflich­tet, den ent­stan­de­nen Scha­den zu erset­zen.

Mit Blick dar­auf senkt die Über­tra­gung des Spruch­rich­ter­pri­vi­legs die recht­li­chen Risi­ken der Arbeit der Ver­ga­be­kam­mern. Dies könn­te zu einer star­ken Häu­fung der Vor­ab­ge­stat­tung und damit zu einer Beschleu­ni­gung der Nach­prü­fungs- und Ver­ga­be­ver­fah­ren füh­ren.

Ände­run­gen der Wir­kun­gen der sofor­ti­gen Beschwer­de

Weil die Ent­schei­dung der Ver­ga­be­kam­mer über den Nach­prü­fungs­an­trag in der Form eines Ver­wal­tungs­ak­tes iSv § 35 VwVfG ergeht (§ 167 Abs. 3 S. 1 GWB), bedarf es dage­gen eines beson­de­ren Rechts­schut­zes, der in § 173 GWB dem § 80 VwGO nach­ge­stal­tet ist.

Wie es auch in § 80 Abs. 1 VwGO für ver­wal­tungs­pro­zes­sua­le Rechts­be­hel­fe gere­gelt ist, hat die sofor­ti­ge Beschwer­de auf­schie­ben­de Wir­kung gegen­über der Ent­schei­dung der Ver­ga­be­kam­mer, § 173 Abs. 1 S. 1 GWB. Die­se ent­fällt jedoch nach § 173 Abs. 1 S. 2 GWB inner­halb von zwei Wochen nach Ablauf der Beschwer­de­frist. Hat die Ver­ga­be­kam­mer den Antrag auf Nach­prü­fung abge­lehnt, so kann nach bis­her gel­ten­dem Recht das Beschwer­de­ge­richt auf Antrag des Beschwer­de­füh­rers die auf­schie­ben­de Wir­kung bis zur Ent­schei­dung über die Beschwer­de ver­län­gern (§ 173 Abs. 1 S. 3 GWB). Die­se Ver­län­ge­rung soll nach dem Wil­len des BMWK nur noch „aus­nahms­wei­se“ gewährt wer­den. So sieht es Art. 1 Nr. 37 a) GWB-RefE vor.

Zudem soll nach Art. 1 Nr.  37 b) GWB-RefE der Maß­stab für die Ent­schei­dung über einen Antrag nach § 173 Abs. 1 S. 3 GWB ver­än­dert wer­den. Aktu­ell sieht § 173 Abs. 2 S. 1 GWB vor, dass das Gericht den Antrag nach § 173 Abs. 1 S. 3 GWB ablehnt, wenn die nach­tei­li­gen Fol­gen der Ver­zö­ge­rung der Ver­ga­be die damit – für den Antrag­stel­ler – ver­bun­de­nen Vor­tei­le über­wie­gen. Die­sen aus § 80 Abs. 5 VwGO bekann­ten Maß­stab will der GWB-RefE wie folgt ändern, indem § 173 Abs. 2 S. 1 GWB idF des GWB-RefE so lau­ten soll:

„Das Gericht gibt dem Antrag nach Absatz 1 Satz 3 nur statt, wenn unter Berück­sich­ti­gung aller mög­li­cher­wei­se geschä­dig­ten Inter­es­sen die vor­teil­haf­ten Fol­gen einer Ver­zö­ge­rung der Ver­ga­be bis zur Ent­schei­dung über die Beschwer­de die damit ver­bun­de­nen Nach­tei­le über­wie­gen.“

Nach § 173 Abs. 2 S. 4 GWB idF des GWB-RefE soll das Gericht nun­mehr „vor­ran­gig“ die dort genann­ten Umstän­de berück­sich­ti­gen.

Die Begrün­dung für die­se klei­ne „Revo­lu­ti­on“ des ver­ga­be­recht­li­chen Pri­mär­rechts­schut­zes ist sehr knapp und basiert auf einer merk­wür­di­gen Vor­an­nah­me (S. 92 GWB-RefE).

Zunächst behaup­tet der GWB-RefE, die Gewäh­rung der Ver­län­ge­rung der auf­schie­ben­den Wir­kung sei nach gel­ten­dem Recht der Aus­nah­me­fall, in der Pra­xis aber der Regel­fall. Wie­so nach gel­ten­dem Recht die Gewäh­rung der Ver­län­ge­rung der Regel­fall sein soll, bleibt unklar. Das auto­ma­ti­sche Aus­lau­fen nach zwei Wochen dient der Beschleu­ni­gung des Ver­fah­rens ins­ge­samt, gibt aber kein Prä­ju­diz hin­sicht­lich der Fra­ge nach der Ver­län­ge­rung. Auch aus der gesetz­ge­be­ri­schen Begrün­dung zur Vor­gän­ger­re­ge­lung des § 115 GWB lässt sich ein Regel-Aus­nah­me-Ver­hält­nis nicht ent­neh­men (vgl. BT-Drs. 16/10117 S. 42). Dass die Gewäh­rung der Ver­län­ge­rung der auf­schie­ben­den Wir­kung in der Pra­xis der Regel­fall gewor­den ist, steht auf einem ande­ren Blatt.

Dar­auf auf­bau­end führt der GWB-RefE aus:

„Dies gewähr­leis­tet zwar einen beson­ders effek­ti­ven Pri­mär­rechts­schutz, da der Zuschlag in der Zwi­schen­zeit nicht erteilt wer­den kann. Auf­grund der häu­fig sehr lan­gen Beschwer­de­ver­fah­ren vor den Ober­lan­des­ge­rich­ten führt dies jedoch teil­wei­se zu sehr erheb­li­chen Ver­zö­ge­run­gen öffent­li­cher Auf­trä­ge trotz eines nicht nur vor der Ver­ga­be­kam­mer, son­dern auch schluss­end­li­chen Obsie­gens des Auf­trag­ge­bers.“

Unklar bleibt hier, wie­so nicht die Ent­schei­dungs­frist für die Ober­lan­des­ge­rich­te – wie für die Ver­ga­be­kam­mern nach § 167 Abs. 1 S. 1 GWB – gesetz­lich deter­mi­niert ist. Der Ein­wand, dass dies in die rich­ter­li­che Unab­hän­gig­keit ein­grei­fe, wäre zumin­dest inkon­se­quent gedacht, denn der GWB-RefE unter­nimmt – wie mehr­fach ange­merkt – eini­ges, um die Ver­ga­be­kam­mern mate­ri­ell noch mehr als ohne­hin schon (!) einem Gericht im Sin­ne des natio­na­len Rechts gleich­zu­stel­len.

Man muss es so deut­lich sagen: der GWB-RefE gleicht die Ver­ga­be­kam­mern noch stär­ker den Gerich­ten an. Gleich­zei­tig will er aber – ob bewusst oder unbe­wusst – einen Unter­schied zwi­schen den Ver­ga­be­kam­mern und den Ober­lan­des­ge­rich­ten in einem für den Rechts­schutz wich­ti­gen Aspekt auf­recht­erhal­ten. Das ist wider­sprüch­lich und inkon­se­quent.

Die in Art. 1 Nr. 39 a) und b) GWB-RefE vor­ge­se­he­nen Ände­run­gen ver­lau­fen par­al­lel zu Art. 1 Nr. 37 GWB-RefE, betref­fen aber die Mög­lich­keit der Vor­ab­ge­stat­tung der Zuschlags­er­tei­lung durch das Beschwer­de­ge­richt nach § 176 GWB.

Für die Anord­nung der Sofort­ver­ga­be soll es nicht mehr not­wen­dig sein, dass die Vor­tei­le der Sofort­ver­ga­be über­wie­gen. Viel­mehr wird das Regel-Aus­nah­me-Ver­hält­nis des § 176 GWB umge­kehrt: Nur wenn die vor­teil­haf­ten Fol­gen einer Ver­zö­ge­rung der Ver­ga­be bis zur Ent­schei­dung über die Beschwer­de die damit ver­bun­de­nen Nach­tei­le über­wie­gen, soll die Sofort­ver­ga­be nicht statt­fin­den. Damit wird die Sofort­ver­ga­be bei einem Antrag des Auf­trag­ge­bers oder desi­gnier­ten Auf­trag­neh­mers von der Aus­nah­me zur Regel.

An Art. 1 Nr. 39 GWB-RefE anknüp­fend sieht Art. 1 Nr. 40 GWB-RefE vor, § 177 GWB auf­zu­he­ben. Begrün­det wird dies damit, dass die durch eine auto­ma­ti­sche Been­di­gung des Ver­ga­be­ver­fah­rens im Fal­le einer den Antrag nach § 176 GWB ableh­nen­den Ent­schei­dung zu einer nicht hin­nehm­ba­ren Ver­zö­ge­rung des Ver­ga­be­ver­fah­rens füh­re (S. 94). Denn die­ses muss bei einer Been­di­gung von Anfang an wie­der­holt wer­den.

Damit fällt ein Grund weg, den Antrag nach § 176 Abs. 1 S. 1 GWB nicht zu stel­len. Denn mit § 177 GWB fällt auch das Risi­ko, das Ver­ga­be­ver­fah­ren im Fal­le eines Unter­lie­gens von Neu­em zu begin­nen, weg.

Ver­ein­bar­keit mit dem Recht der Euro­päi­schen Uni­on

In der Begrün­dung unter A. V. geht der GWB-RefE auf ein­zel­ne EU-Richt­li­ni­en ein, mit denen das Gesetz­ge­bungs­vor­ha­ben aus Sicht des BMWK ins­be­son­de­re ver­ein­bar sein soll.

Erwähnt wird dabei nur im – hier nicht inter­es­sie­ren­den – Zusam­men­hang der Ände­rung des § 135 GWB die

Richt­li­nie 89/665/EWG zur Koor­di­nie­rung der Rechts- und Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten für die Anwen­dung der Nach­prü­fungs­ver­fah­ren im Rah­men der Ver­ga­be öffent­li­cher Lie­fer- und Bau­auf­trä­ge vom 21. Dezem­ber 1989 in der Fas­sung der Richt­li­nie 2014/23/EU des Euro­päi­schen Par­la­ments und des Rates vom 26. Febru­ar 2014 über die Kon­zes­si­ons­ver­ga­be vom 26. Febru­ar 2014.

Die­se Richt­li­nie wird im Fol­gen­den „Rechts­mit­tel­richt­li­nie“ genannt. Auf die­se wird noch näher ein­zu­ge­hen sein.

Zu prü­fen ist fer­ner, inwie­weit die Ein­schrän­kun­gen der Wir­kun­gen der sofor­ti­gen Beschwer­de mit dem – im Refe­ren­ten­ent­wurf nicht aus­drück­lich erwähn­ten – Art. 47 Abs. 1 und 2 iVm Art. 51 Abs. 1 S. 1 der Grund­rech­te­char­ta der Euro­päi­schen Uni­on (EU GrCh) ver­ein­bar ist.

Die Vor­ga­ben der Rechts­mit­tel­richt­li­nie

Die Ände­run­gen des GWB sind in Über­ein­stim­mung mit der Rechts­mit­tel­richt­li­nie aus­zu­le­gen. Ist dies mit dem noch mög­li­chen Wort­sinn des GWB-RefE nicht mög­lich, dann muss das GWB-RefE wegen des Anwen­dungs­vor­rangs des Uni­ons­rechts unan­ge­wen­det blei­ben.

Art. 2 Abs. 1 der Rechts­mit­tel­richt­li­nie stellt spe­zi­fi­sche Anfor­de­run­gen an das Nach­prü­fungs­ver­fah­ren.

Nach Art. 2 Abs. 1 lit. a) der Rechts­mit­tel­richt­li­nie müs­sen die Mit­glied­staa­ten der Euro­päi­schen Uni­on das Nach­prü­fungs­ver­fah­ren so aus­ge­stal­ten, dass im Wege einer einst­wei­li­gen Ver­fü­gung vor­läu­fi­ge Maß­nah­men ergrif­fen wer­den kön­nen, um Schä­di­gun­gen des betrof­fe­nen Inter­es­ses zu ver­hin­dern.  Die­se Vor­ga­ben rich­tet sich aber nur an das Ver­fah­ren vor den Ver­ga­be­kam­mern.  Der GWB-RefE lässt aber die vor­läu­fi­gen Maß­nah­men nach § 169 GWB unbe­rührt – die Ände­run­gen betref­fen nur orga­ni­sa­to­ri­sche Fra­gen.

Die in Art. 2 Abs. 1 lit. b) der Rechts­mit­tel­richt­li­nie vor­ge­se­he­ne Mög­lich­keit der Auf­he­bung einer rechts­wid­ri­gen (Vergabe-)Entscheidung wird eben­falls nicht beschnit­ten. Denn der GWB-RefE will nur die Ver­län­ge­rung der auf­schie­ben­den Wir­kung nach § 173 GWB zum Aus­nah­me­fall machen. (Vergabe-)Entscheidungen der Auf­trag­ge­ber sind wei­ter­hin vor den Ver­ga­be­kam­mern angreif­bar. Inso­weit ändert der GWB-RefE nichts. Wie bereits aus­ge­führt, sind die Ver­ga­be­kam­mern als Gerich­te im Sin­ne des Uni­ons­rechts anzu­se­hen. Des­halb genügt der GWB-RefE den Vor­ga­ben des Uni­ons­rechts, für effek­ti­ven gericht­li­chen Rechts­schutz zu sor­gen.

Die Vor­ga­ben der Grund­rech­te­char­ta

In Art. 47 Abs. 1 EU GrCh heißt es:

Jede Per­son, deren durch das Recht der Uni­on garan­tier­te Rech­te oder Frei­hei­ten ver­letzt wor­den sind, hat das Recht, nach Maß­ga­be der in die­sem Arti­kel vor­ge­se­he­nen Bedin­gun­gen bei einem Gericht einen wirk­sa­men Rechts­be­helf ein­zu­le­gen.

Absatz 1 legt somit den Schwer­punkt auf die Wirk­sam­keit des Rechts­be­helfs.

Zu durch das Recht der Uni­on garan­tier­ten Frei­hei­ten gehö­ren nach der Recht­spre­chung des EuGH auch Rech­te, die vom natio­na­len Recht in Durch­füh­rung von Uni­ons­recht gewährt wer­den (Urteil vom 16. Mai 2017, C682/15, Rn. 50). Somit gehö­ren zu ver­letz­ten Rech­ten im Sin­ne von Art. 47 Abs. 1 EU GrCh auch das Recht auf Ein­hal­tung der Ver­ga­be­vor­schrif­ten (§ 97 Abs. 6 GWB).

Doch auch nach dem GWB-RefE ist der ver­ga­be­recht­li­che Rechts­schutz noch wirk­sam im Sin­ne des Art. 47 Abs. 1 Eu Grch ist. Zwar dür­fen nach der Recht­spre­chung des EuGH dür­fen die inner­staat­li­chen Rechts­be­hel­fe nicht Bedin­gun­gen unter­lie­gen, die die Aus­übung der als ver­letzt gerüg­ten Rech­te prak­tisch unmög­lich machen oder über­mä­ßig erschwe­ren (Urteil vom 6. Okto­ber 2015, C‑71/14, Rn. 55).

Doch das ist nach dem GWB-RefE nicht der Fall. Denn die Wirk­sam­keit des Nach­prü­fungs­an­trags als Rechts­be­helf wird nicht berührt. Die Vor­aus­set­zun­gen, unter denen nach § 169 GWB der Nach­prü­fungs­an­trag kei­ne zuschlags­ver­hin­dern­de Wir­kung hat, sol­len nach dem GWB-RefE nicht ver­än­dert wer­den.

Fazit

Das geplan­te Ver­ga­be­rechts­trans­for­ma­ti­ons­ge­setz ent­hält tief­grei­fen­de Ver­än­de­run­gen im Ver­ga­be­recht, ins­be­son­de­re im Nach­prü­fungs­ver­fah­ren.

Die stär­ke­re Digi­ta­li­sie­rung ist mit Blick auf vor­an­ge­gan­ge­ne Bemü­hun­gen im Pro­zess­recht nicht inno­va­tiv und zu begrü­ßen. Span­nen­der ist die Fra­ge, ob der GWB-RefE den Vor­ga­ben des Uni­ons­rechts zum Rechts­schutz genügt. Nach der hier ver­tre­te­nen Auf­fas­sung ist das der Fall.

Hin­weis: Die­ser Rechts­tipp ersetzt kei­nen anwalt­li­chen Rat im Ein­zel­fall. Er ist natur­ge­mäß unvoll­stän­dig, auch ist er nicht auf Ihren Fall bezo­gen und stellt zudem eine Moment­auf­nah­me dar, da sich gesetz­li­che Grund­la­gen und Recht­spre­chung im Lauf der Zeit ändern. Er kann und will nicht alle denk­ba­ren Kon­stel­la­tio­nen abde­cken, dient Unter­hal­tungs- und Erst­ori­en­tie­rungs­zwe­cken und soll Sie zur früh­zei­ti­gen Abklä­rung von Rechts­fra­gen moti­vie­ren, nicht aber davon abhal­ten. aban­te Rechts­an­wäl­te war nicht am Ver­fah­ren betei­ligt und hat kei­ne Par­tei im Streit­ver­fah­ren ver­tre­ten.

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