Ich bin kürzlich in einem längeren Post auf LinkedIn darauf eingegangen, dass die Vorbereitung und Abwicklung von Vergabeverfahren oftmals auch von Nichtanwälten erlegt wird, wenn sie extern beauftragt wird. Vielleicht überwiegt sogar der Anteil der Nichtanwälten unter den externen Dienstleistern. Das ist gefährlich. Denn die Tätigkeiten vor und in einem Vergabeverfahren sind im wesentlichen Rechtsdienstleistungen. Sie können (nicht: müssen) also Anwaltskanzleien vorbehalten sein.
Nehmen wir mal an, ein solcher Fall liegt vor. Ein Ingenieurbüro, Unternehmensberater, Kommunalberater, Einkaufsberater, IT-Berater etc. bereitet ein Vergabeverfahren vor und wickelt es auch ab und es stellt sich im Nachhinein heraus, dass dies keine bloße Nebenleistung zu einer fachlich geprägten Hauptleistung gewesen ist. Welche rechtlichen Folgen hat dies?
Der Vertrag ist unwirksam
Verstößt der Vertrag gegen §§ 3, 5 RDG, ist er nach § 134 BGB nichtig. D. h., es gibt keine rechtliche Grundlage für die Leistungserbringung und auch keine rechtliche Grundlage für die Zahlung. Der Leistungsaustausch wird nach Bereicherungsrecht rückabgewickelt. Die wechselseitigen Wertersatzansprüche sind zu ermitteln und müssen anschließend saldiert werden. Der Ausgang ist offen: Es kann sein, dass sich wertmäßig identische Ansprüche gegenüberstehen. Das kann (und wird oft) aber auch gerade nicht so sein. Der öffentliche Auftraggeber muss also tätig werden und zumindest prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang er das Honorar zurückfordern kann.
Die Mittelverwendung ist unwirtschaftlich
Wenn die Vorbereitung und Abwicklung des Vergabeverfahrens durch einen nicht dazu berechtigten Dienstleister im Zusammenhang mit einem geförderten Vorhaben stehen, ist der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz verletzt. Dementsprechend ist mit Rückforderungen zu rechnen. Denn die Verwendung von finanziellen Mitteln ohne wirksame vertragliche Grundlage ist – immer – unwirtschaftlich. Ebenso wie die Beauftragung von nicht zur Leistungserbringung berechtigten Dienstleistern.
Insoweit erscheint mir ein Hinweis als besonders wichtig: Es spielt nach meiner Überzeugung meistens keine Rolle bei der Anteilfinanzierung, ob das an den nicht anwaltlichen Dienstleister gezahlte Honorar eine zuwendungsfähige Ausgabe ist oder nicht. Denn die Gesamt-Kostenerhöhung entscheidet, und hierin fließt das zu Unrecht geleistete Honorar ein.
Strafbare Untreue?
Wer – als Angestellter oder Beamter – an seine Anstellungskörperschaft erbrachte Leistungen ohne vertragliche Grundlage vergütet bzw. diese Vergütung ohne Rechtsgrundlage anweist, verletzt eine Vermögensbetreuungspflicht. Allerdings wird es regelmäßig am Vorsatz fehlen. Deshalb das Fragezeichen.
Regress gegen den Angestellten oder Beamten
Eine andere Frage ist, ob der Amtswalter das Honorar oder die verloren gegangenen Fördermittel aus der eigenen Tasche zahlen muss. Und zwar an seine Anstellungskörperschaft, die er geschädigt hat, soweit er vertraglich (wegen § 134 BGB) nicht geschuldete Honorare geleistet hat. Hier kommt es im Wesentlichen auf zweierlei an. Zum einen darauf, ob grobe Fahrlässigkeit vorgelegen hat. War es grob fahrlässig, einen nicht anwaltlichen Dienstleister mit schwerpunktmäßig Rechtsdienstleistungen zu beauftragen, ohne dass eine rein fachlich geprägte Hauptleistung den Schwerpunkt ausgemacht hat? Eine schwer zu beantwortende Frage.
Zum anderen wird es darauf ankommen, ob wirtschaftlich betrachtet ein Schaden entstanden ist. Dies ist einfach zu beantworten, wenn Fördermittel verlustig gegangen sind (siehe oben). Schwieriger ist es, wenn infolge der nötig gewordenen Rückabwicklung der erbrachten Leistungen ein negatives Delta beim öffentlichen Auftraggeber verbleibt.
In Summe: äußerst unangenehme Fragen, die man besser vermeidet.
Ordnungswidrigkeit
Am 1. Januar 2025 treten geänderte Bußgeldbestimmungen in Kraft. Danach sind alle Formen unbefugter Rechtsdienstleistungen, sofern sie selbstständig und geschäftsmäßig betrieben werden, bußgeldbewehrt. Derzeit besteht noch ein Flickenteppich, der wird aber im nächsten Jahr weg sein. Zugleich wird die Durchsetzung effektiviert werden. Weg von den Ländern, hin zum Bundesamt für Justiz. Dies betrifft vor allem die Dienstleister, die ihren Kompetenzkreis überschreiten. Die meines Erachtens entscheidende Frage ist, ob darüber hinaus die Mitarbeiter von öffentlichen Auftraggebern betroffen sein können. Dies erscheint fraglich, denn das RDG soll den öffentlichen Auftraggeber vor unqualifizierter Rechtsberatung gerade schützen. Also auch seine Mitarbeiter.
Fazit: Gefahr von finanziellen Folgen
Wer nicht anwaltliche Dienstleister mit der Vorbereitung und Abwicklung von Vergabeverfahren beauftragt, geht Risiken ein. Die finanziellen Folgen sind unter Umständen gewaltig: Rückforderung von Honorar, Regress beim Mitarbeiter bzw. Amtswalter, Fördermittelverlust, Bußgelder für den Dienstleister und – vielleicht – für die Mitarbeiter der Auftraggeber. Über die Versicherungsseite spreche ich erst gar nicht.
Daher zum Schluss 3 Tipps, wie all das vermieden werden kann:
- Leistungsumfang klären und abgrenzen
- Genaue Verträge erstellen
- Leistungsbilder grundständig überprüfen
Mein dritter Tipp kann dazu führen, dass eine Leistung nicht – wie vielleicht sogar schon gewohnt – einem nicht anwaltlichen Dienstleister zu Erledigung übertragen werden darf.
Hinweis: Dieser Rechtstipp ersetzt keinen anwaltlichen Rat im Einzelfall. Er ist naturgemäß unvollständig, auch ist er nicht auf Ihren Fall bezogen und stellt zudem eine Momentaufnahme dar, da sich gesetzliche Grundlagen und Rechtsprechung im Lauf der Zeit ändern. Er kann und will nicht alle denkbaren Konstellationen abdecken, dient Unterhaltungs- und Erstorientierungszwecken und soll Sie zur frühzeitigen Abklärung von Rechtsfragen motivieren, nicht aber davon abhalten.