Unser Rechtsanwalt und Partner Christian Wiere hat sich am 09. Mai 2025 in einem abante live zum Vergaberecht mit dem Urteil des Verwaltungsgericht (VG) München vom 25. April 2024 (Az.: 31 K 21.2797) befasst.
Das Verwaltungsgericht (VG) München entschied am 25. April 2024 mit seinem Urteil (Az.: 31 K 21.2797), dass wer eine Zuwendung trotz entsprechender Auflage ohne Einhaltung des Vergaberechts verwendet, weder vom Zuwendungsgeber noch vor den Verwaltungsgerichten auf Nachsicht hoffen darf.
Hier gelangen Sie zum Video der Besprechung dieser Entscheidung: Unwissenheit schützt nicht vor Rückforderungen
Sachverhalt:
Ein bayerischer Handwerksverband erhielt im Jahr 2019 eine Zuwendung in Höhe von rund 160.000 Euro zur Förderung seiner Teilnahme an Messen und Ausstellungen. Der Zuwendungsbescheid enthielt – wie üblich – die Verpflichtung zur Einhaltung der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest‑P). Diese verweisen unter anderem auf die Anwendung des Vergaberechts.
Obwohl die Mittel vollständig ausgezahlt wurden, stellte der Zuwendungsgeber später erhebliche Verstöße gegen das Vergaberecht fest: Es gab weder eine öffentliche Ausschreibung noch eine dokumentierte Vergabeentscheidung. Leistungen wurden freihändig – teilweise sogar an familiennahe Unternehmen – vergeben. In der Folge widerrief die Bezirksregierung einen Großteil der Zuwendung. Von ursprünglich 160.000 Euro mussten 120.000 Euro zurückgezahlt werden.
Der Verband erhob Klage – blieb jedoch erfolglos.
Kernpunkt der Entscheidung: Kein Raum für wohlwollende Auslegung
Das Verwaltungsgericht München stellt klar: Wer öffentliche Fördermittel erhält und zur Einhaltung des Vergaberechts verpflichtet wird, trägt die volle Verantwortung für deren Umsetzung. Ob das Vergaberecht bekannt war oder nicht, spielt keine Rolle. Der Widerruf des Verwaltungsakts war rechtmäßig – gestützt auf § 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG.
Besonders deutlich äußerte sich das Gericht zur Rolle des Ermessensspielraums: Ein Verstoß gegen vergaberechtliche Auflagen erlaubt grundsätzlich den Widerruf der Förderung. Dabei kommt es nicht auf die subjektive Einschätzung des Zuwendungsempfängers an – sondern allein auf die objektive Rechtslage. Auch die Verwaltungspraxis des Zuwendungsgebers, in ähnlichen Fällen Rückforderungen durchzusetzen, wurde berücksichtigt und gestützt. Die Höhe der Rückforderung liegt regelmäßig ebenfalls im Ermessen des Zuwendungsgebers und ist im Klageverfahren nur eingeschränkt überprüfbar.
Kurz gesagt: Wer gegen klar formulierte Auflagen verstößt, kann sich weder auf Unwissenheit noch auf früheres Wohlwollen berufen.
Tipps für öffentliche Auftraggeber:
- Klarheit schaffen: Zuwendungsbescheide sollten die Einhaltung des Vergaberechts eindeutig und transparent als Nebenbestimmung ausweisen.
- Dokumentation einfordern: Bereits bei der Zwischennachweisführung kann die prüffähige Vergabedokumentation eingefordert werden.
- Verwaltungspraxis konsistent halten: Wer einmal Rückforderungen durchsetzt, sollte auch in künftigen Fällen gleichgelagert handeln – sonst droht der Vorwurf einer ermessensfehlerhaften Ungleichbehandlung.
- Verantwortung deutlich kommunizieren: Zuwendungsempfänger sollten frühzeitig über ihre Pflicht zur Einhaltung vergaberechtlicher Standards informiert werden.
Tipps für Bieter und Zuwendungsempfänger:
- Vergaberechtliche Beratung einholen: Schon vor der Mittelverwendung sollte geprüft werden, ob und wie das Vergaberecht anzuwenden ist – idealerweise mit juristischer Begleitung.
- Vergabeverfahren sauber dokumentieren: Auch freihändige Vergaben erfordern eine schriftliche Dokumentation der Auswahlentscheidung und der Eignung der Leistungserbringer.
- Auflagen ernst nehmen: Fördermittelbescheide sind keine Empfehlung, sondern verbindliche Regelwerke. Die Nichteinhaltung kann empfindliche Rückforderungen nach sich ziehen.
- Keine Berufung auf Unkenntnis: Das Gericht hat klargestellt: Unwissenheit schützt nicht. Auch fehlende Beanstandungen in der Vergangenheit bieten keinen Vertrauensschutz.
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