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Aktuelles Vergaberecht in 15 Minuten: Wissensvorsprung ist auszugleichen!

Aktu­el­les Ver­ga­be­recht in 15 Minu­ten: Wis­sens­vor­sprung ist aus­zu­glei­chen!

Unser Fach­an­walt für Ver­ga­be­recht und Part­ner Ron­ny Loh­mann hat sich am 11. April 2025 in einem aban­te live zum Ver­ga­be­recht mit dem Urteil des Ober­lan­des­ge­richts (OLG) Düs­sel­dorf vom 11. Dezem­ber 2024 (Az. Verg 24/24) befasst.

Was pas­siert, wenn der­je­ni­ge, der bei der Erstel­lung der Ver­ga­be­un­ter­la­gen gehol­fen hat, spä­ter selbst mit­bie­tet bzw. sich als Nach­un­ter­neh­mer eines Bie­ters betei­ligt? Das klingt nach einem kla­ren Vor­teil – doch ist das wirk­lich ein Pro­blem? Im Zen­trum der Ent­schei­dung des OLG Düs­sel­dorf stand somit die Fra­ge, wie mit einem poten­zi­el­len Wis­sens­vor­sprung eines Bie­ters umzu­ge­hen ist, der einen Nach­un­ter­neh­mer betei­ligt, der bis­her schon als Nach­un­ter­neh­mer des Bestands­dienst­leis­ters Leis­tun­gen erbracht hat und der an der Erstel­lung der Ver­ga­be­un­ter­la­gen für ein neu­es Ver­fah­ren betei­ligt war. Der aktu­el­le Beschluss zeigt, wor­auf es in sol­chen Fäl­len wirk­lich ankommt – und was Auf­trag­ge­ber jetzt wis­sen soll­ten.

Hier gelan­gen Sie zum Video der Bespre­chung die­ser Ent­schei­dung: Wis­sens­vor­sprung ist auzu­glei­chen!

Der Fall: Rüge wegen Wis­sens­vor­sprung und Vor­be­fas­sung

Der kon­kre­te Fall betraf die Neu­ver­ga­be des Bau­her­ren­pro­jekt­ma­nage­ments für ein For­schungs­zen­trum, bei dem es u. a. um tech­ni­sche Gebäu­de­aus­rüs­tung und Inbe­trieb­nah­me-Manage­ment ging. Die Beson­der­heit: Der Geschäfts­füh­rer der spä­te­ren Best­bie­te­rin war zugleich Pro­ku­rist des ursprüng­li­chen Nach­un­ter­neh­mers – ein mög­li­cher Fall der „Vor­be­fas­sung“. Die unter­le­ge­ne Bie­te­rin sah dar­in einen unzu­läs­si­gen Vor­teil und rüg­te einen Wis­sens­vor­sprung, der sich auf wesent­li­che Inhal­te der Aus­schrei­bung wie das Leis­tungs­ver­zeich­nis, die Kos­ten­schät­zung und Per­so­nal­pla­nung bezog. Ihrer Mei­nung nach sei die Bei­gela­de­ne – also die spä­te­re Best­bie­te­rin – auf­grund der engen per­so­nel­len Ver­flech­tung in unzu­läs­si­ger Wei­se in die Vor­be­rei­tung des Ver­fah­rens ein­ge­bun­den gewe­sen. Über­ra­schen­der Per­spek­tiv­wech­sel: Die Ver­ga­be­kam­mer gab dem Antrag im Ergeb­nis zwar statt, jedoch nicht wegen der gerüg­ten Vor­be­fas­sung. Statt­des­sen griff sie von Amts wegen einen ande­ren Aspekt auf, den Ver­stoß gegen § 127 Abs. 4 GWB. Ihrer Auf­fas­sung nach sei­en die Zuschlags­kri­te­ri­en so gestal­tet gewe­sen, dass ein wirk­sa­mer Wett­be­werb nicht mehr gewähr­leis­tet war. Nach der Ent­schei­dung der Ver­ga­be­kam­mer muss das Ver­fah­ren zurück­ver­setzt und die Ver­ga­be­un­ter­la­gen, und hier ins­be­son­de­re die Zuschlags­kri­te­ri­en, über­ar­bei­tet wer­den.

Die Ent­schei­dung: Kei­ne unzu­läs­si­ge Vor­be­fas­sung, son­dern sach­ge­rech­te Aus­gleichs­maß­nah­men

Das OLG Düs­sel­dorf hob die Ent­schei­dung der Ver­ga­be­kam­mer auf. Es stell­te klar, dass die Ver­ga­be­kam­mer den gerüg­ten Aspekt der Vor­be­fas­sung nicht zum Anlass hät­te neh­men dür­fen, da die Vor­aus­set­zun­gen für eine zuläs­si­ge „Amts­auf­grei­fung“ nicht vor­la­gen. Noch wich­ti­ger: Das Gericht ana­ly­sier­te aus­führ­lich § 7 VgV (Pro­jek­tan­ten-The­ma­tik) und bestä­tig­te zwar eine poten­zi­el­le Vor­be­fas­sung, sah jedoch kei­ne Wett­be­werbs­ver­zer­rung. Die Begrün­dung: Der Auf­trag­ge­ber hat­te umfas­sen­de Aus­gleichs­maß­nah­men ergrif­fen. Alle rele­van­ten Infor­ma­tio­nen, ins­be­son­de­re zum Pro­jekt­ver­lauf und den Pla­nungs­stän­den, wur­den voll­stän­dig an alle Bie­ter wei­ter­ge­ge­ben. Eine Bevor­zu­gung der Bei­gela­de­nen konn­te somit aus­ge­schlos­sen wer­den. Ent­schei­dend war auch der Rück­griff auf die EuGH-Recht­spre­chung („Fabrikum“, 2005): Eine Vor­be­fas­sung allein reicht für einen Aus­schluss nicht aus. Erst wenn ein Bie­ter nicht plau­si­bel dar­le­gen kann, dass sein Wis­sens­vor­sprung den Wett­be­werb nicht ver­fälscht, wäre ein Aus­schluss gerecht­fer­tigt. Das OLG folg­te die­sem Ansatz – mit dem Zusatz, dass die­se Dar­le­gungs­pflicht nur dann greift, wenn der Auf­trag­ge­ber zuvor geeig­ne­te Aus­gleichs­maß­nah­men getrof­fen hat.

Das Fazit: Trans­pa­renz und Doku­men­ta­ti­on sind ent­schei­dend

Die Ent­schei­dung zeigt pra­xis­nah, wie mit dem Risi­ko von Vor­be­fas­sun­gen umzu­ge­hen ist. Öffent­li­che Auf­trag­ge­ber dür­fen Pro­jek­tan­ten nicht pau­schal aus­schlie­ßen, son­dern müs­sen durch Trans­pa­renz und voll­stän­di­ge Infor­ma­ti­on aller Bie­ter für fai­re Wett­be­werbs­be­din­gun­gen sor­gen. Die Doku­men­ta­ti­on aller Maß­nah­men wird dabei zur Schlüs­sel­an­for­de­rung. Die Ent­schei­dung stärkt Auf­trag­ge­ber, die exter­ne Exper­ti­se in frü­hen Pro­jekt­pha­sen ein­bin­den möch­ten, ohne sich im spä­te­ren Ver­fah­ren angreif­bar zu machen. Gleich­zei­tig setzt sie kla­re Anfor­de­run­gen an die Nach­voll­zieh­bar­keit der Ver­ga­be­un­ter­la­gen und deren inhalt­li­che Neu­tra­li­tät.

Wei­te­re Ein­bli­cke und detail­lier­te Erläu­te­run­gen zu diver­sen Ent­schei­dun­gen fin­den Sie in unse­ren ande­ren Vide­os auf dem You­Tube-Kanal aban­te Rechts­an­wäl­te. Schau­en Sie sehr gern vor­bei!

Hin­weis: Die­ser Rechts­tipp ersetzt kei­nen anwalt­li­chen Rat im Ein­zel­fall. Er ist natur­ge­mäß unvoll­stän­dig, auch ist er nicht auf Ihren Fall bezo­gen und stellt zudem eine Moment­auf­nah­me dar, da sich gesetz­li­che Grund­la­gen und Recht­spre­chung im Lauf der Zeit ändern. Er kann und will nicht alle denk­ba­ren Kon­stel­la­tio­nen abde­cken, dient Unter­hal­tungs- und Erst­ori­en­tie­rungs­zwe­cken und soll Sie zur früh­zei­ti­gen Abklä­rung von Rechts­fra­gen moti­vie­ren, nicht aber davon abhal­ten. aban­te Rechts­an­wäl­te war nicht am Ver­fah­ren betei­ligt und hat kei­ne Par­tei im Streit­ver­fah­ren ver­tre­ten.

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