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Aktuelles Vergaberecht in 15 Minuten: Förderschädlicher vorzeitiger Maßnahmebeginn - bedingte Bindung ausreichend?!

Aktu­el­les Ver­ga­be­recht in 15 Minu­ten: För­der­schäd­li­cher vor­zei­ti­ger Maß­nah­me­be­ginn – beding­te Bin­dung aus­rei­chend?!

Unser Rechts­an­walt Dr. Fer­di­nand Moors hat sich am 4. April 2025 in einem aban­te live zum Ver­ga­be­recht mit dem Urteil des Ver­wal­tungs­ge­richts (VG) Mün­chen vom 14. Okto­ber 2024 (Az. M 31 K 23.2178) befasst.

Das VG hat eine Ent­schei­dung getrof­fen, die ins­be­son­de­re für die­je­ni­gen von Bedeu­tung ist, die sich für eine Zuwendung/Förderung bewer­ben oder hier­zu bera­ten möch­ten. Im Zen­trum des Falls stand der bekann­te för­der­recht­li­che Grund­satz des soge­nann­ten „för­der­schäd­li­chen vor­zei­ti­gen Maß­nah­men­be­ginns“. Die­se Figur des Zuwen­dungs­rechts spiel­te hier eine ent­schei­den­de Rol­le – und führ­te zur Ableh­nung der bean­trag­ten För­de­rung.

Hier gelan­gen Sie zum Video der Bespre­chung die­ser Ent­schei­dung:

Der Fall: Antrag im Zehn­tau­send-Häu­ser-Pro­gramm

Der Klä­ger hat­te eine För­de­rung im Rah­men des baye­ri­schen Zehn­tau­send-Häu­ser-Pro­gramms bean­tragt. Die­ses Pro­gramm, das mitt­ler­wei­le ein­ge­stellt wur­de, unter­stütz­te Maß­nah­men zur ener­ge­ti­schen Sanie­rung von Ein- und Zwei­fa­mi­li­en­häu­sern, ins­be­son­de­re durch PV-Spei­cher, Hei­zungs­tausch oder das soge­nann­te „Ener­gie­sys­tem­haus“. Am 26. Juni stell­te der Klä­ger den För­der­an­trag. Dem Antrag bei­gefügt war ein Ange­bot eines Elek­tro­be­triebs, auf dem hand­schrift­lich ver­merkt war: „Auf­trag erteilt, wenn För­de­rung bewil­ligt“. Die­se Klau­sel war von bei­den Sei­ten unter­schrie­ben – und datier­te auf den 24. Juni, also zwei Tage vor Antrag­stel­lung. In einem spä­te­ren Ver­wen­dungs­nach­weis bestä­tig­te der Klä­ger die­ses Datum als Beginn der Maß­nah­me. Der Streit­punkt war also: Was zählt als „Maß­nah­me­be­ginn“? Der Zuwen­dungs­ge­ber lehn­te die För­de­rung mit der Begrün­dung ab, dass bereits am 24. Juni – also vor der Antrag­stel­lung – ein för­der­schäd­li­cher vor­zei­ti­ger Maß­nah­men­be­ginn erfolgt sei. Dies wider­spre­che den Vor­ga­ben der baye­ri­schen Haus­halts­ord­nung und den Regeln des För­der­pro­gramms.

Der Klä­ger argu­men­tier­te, der Ver­trag sei nur unter dem Vor­be­halt der Bewil­li­gung abge­schlos­sen wor­den. Damit sei die­ser nicht ver­bind­lich gewe­sen und ein för­der­schäd­li­cher vor­zei­ti­ger Maß­nah­me­be­ginn lie­ge nicht vor. Erst spä­ter – nach Bean­tra­gung der Maß­nah­me – sei der Auf­trag tat­säch­lich erteilt wor­den.

Die Ent­schei­dung: För­der­pra­xis als Maß­stab – kein Erfolg mit zivil­recht­li­chem Argu­ment

Das VG Mün­chen folg­te die­ser Argu­men­ta­ti­on nicht. Es stell­te klar, dass die För­de­rung frei­wil­lig erfolgt sei. Dar­aus resul­tie­re kein Rechts­an­spruch auf die För­de­rung, son­dern ledig­lich ein Anspruch auf ermes­sens­feh­ler­freie Ent­schei­dung. Zu unter­su­chen sei des­halb die Ein­hal­tung der regel­mä­ßi­gen För­der­pra­xis der Behör­de im Rah­men der Selbst­bin­dung der Ver­wal­tung. Der Klä­ger kön­ne höchs­tens auf deren Ein­hal­tung bestehen, aber nicht auf die Ertei­lung der För­de­rung als Sol­che. Für die Annah­me eines för­der­schäd­li­chen vor­zei­ti­gen Maß­nah­me­be­ginns ist maß­geb­lich, ob der Klä­ger sich bereits so recht­lich gebun­den habe, dass der Zuwen­dungs­ge­ber vor „voll­ende­te Tat­sa­chen“ gestellt wer­de. Hier­bei war die Aus­wer­tung der regel­mä­ßi­gen För­der­pra­xis des Zuwen­dungs­ge­bers ent­schei­dend: Nach die­ser wür­de ein „all­ge­mei­ner Vor­be­halt“ – wie hier: „Auf­trag erteilt, wenn För­de­rung bewil­ligt“ – nicht aus­rei­chen, um einen vor­zei­ti­gen Maß­nah­men­be­ginn zu ent­kräf­ten. Viel­mehr müs­se sich der Vor­be­halt kon­kret auf das jewei­li­ge För­der­pro­gramm bezie­hen.  Nur wenn ein Ver­trags­schluss ein­deu­tig von der Bewil­li­gung der kon­kre­ten För­de­rung – also hier des Zehn­tau­send-Häu­ser-Pro­gramms – abhän­gig gemacht wird, liegt kein för­der­schäd­li­cher vor­zei­ti­ger Maß­nah­me­be­ginn vor. Die vom Klä­ger ein­ge­reich­te Erklä­rung erfüll­te die­se Anfor­de­run­gen nicht. Zum hat sich der Vor­be­halt nach Auf­fas­sung des VG Mün­chen nicht kon­kret auf das För­der­pro­gramm “Zehn­tau­send-Häu­ser” bezo­gen. Es kämen auch ande­re För­der­pro­gram­me auf kom­mu­na­ler oder Bun­des­ebe­ne in Betracht. Das Ange­bot ent­hielt bereits wesent­li­che Ver­trags­in­hal­te wie Preis­an­ga­ben, Vari­an­ten der Anla­ge, ein kon­kre­tes Aus­füh­rungs­da­tum und Skon­to­ab­zü­ge. Die­se Umstän­de deu­te­ten laut Gericht auf eine fak­tisch bin­den­de Beauf­tra­gung hin. Auch der Ver­such des Klä­gers, sich auf zivil­recht­li­che Aus­le­gung zu stüt­zen, blieb ohne Erfolg. Zwar könn­te man zivil­recht­lich durch aus von einem schwe­bend unwirk­sa­men Ver­trag aus­ge­hen; doch die För­der­pra­xis des Zuwen­dungs­ge­bers führ­te zu einer “zuwen­dungs­recht­li­chen Qua­li­fi­ka­ti­on” der anzu­le­gen­den Maß­stä­be. Die­se lag nicht vor.

Das Fazit: Stren­ge Anfor­de­run­gen für För­der­emp­fän­ger

Die Ent­schei­dung ver­deut­licht, wie eng die Maß­stä­be im Zuwen­dungs­recht gesetzt sind. Schon klei­ne For­mu­lie­run­gen kön­nen über den För­de­r­er­folg ent­schei­den. Der Fall zeigt exem­pla­risch, dass eine unspe­zi­fi­sche Bedin­gung („wenn För­de­rung bewil­ligt“) nicht genügt, um einen för­der­schäd­li­chen vor­zei­ti­gen Maß­nah­men­be­ginn aus­zu­schlie­ßen. Für Pra­xis und Bera­tung bedeu­tet das: Es ist größ­te Sorg­falt gebo­ten, wenn es um Abspra­chen mit poten­zi­el­len Auf­trag­neh­mern vor einer Bewil­li­gung oder der Zusa­ge eines Maß­nah­me­be­ginns durch den Zuwen­dungs­ge­ber geht. Jede Ver­ein­ba­rung soll­te klar und pro­gramm­be­zo­gen for­mu­liert sein – am bes­ten in Abstim­mung mit dem Zuwen­dungs­ge­ber. Nur so lässt sich das Risi­ko eines För­der­aus­schlus­ses mini­mie­ren.

Wei­te­re Ein­bli­cke und detail­lier­te Erläu­te­run­gen zu diver­sen Ent­schei­dun­gen fin­den Sie in unse­ren ande­ren Vide­os auf dem You­Tube-Kanal aban­te Rechts­an­wäl­te. Schau­en Sie sehr gern vor­bei!

Hin­weis: Die­ser Rechts­tipp ersetzt kei­nen anwalt­li­chen Rat im Ein­zel­fall. Er ist natur­ge­mäß unvoll­stän­dig, auch ist er nicht auf Ihren Fall bezo­gen und stellt zudem eine Moment­auf­nah­me dar, da sich gesetz­li­che Grund­la­gen und Recht­spre­chung im Lauf der Zeit ändern. Er kann und will nicht alle denk­ba­ren Kon­stel­la­tio­nen abde­cken, dient Unter­hal­tungs- und Erst­ori­en­tie­rungs­zwe­cken und soll Sie zur früh­zei­ti­gen Abklä­rung von Rechts­fra­gen moti­vie­ren, nicht aber davon abhal­ten. aban­te Rechts­an­wäl­te war nicht am Ver­fah­ren betei­ligt und hat kei­ne Par­tei im Streit­ver­fah­ren ver­tre­ten.

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