Die E‑Vergabe-Plattformen sind manchmal richtige Kummerkästen. Bieter beschweren sich, sie hadern, fragen und weisen hin, kritisieren, manchmal mit Nachdruck. Nur beim Rügen tun sie sich schwer.
Der wichtigste Ratschlag in Ihrem „Vergabeleben“
Wenn Sie ein Problem mit dem Leistungsverzeichnis eines öffentlichen Auftraggebers in einem öffentlichen Vergabeverfahren haben, dann rügen Sie. Weisen Sie nicht hin, kritisieren Sie nicht, beschweren Sie sich nicht und erteilen Sie keine „klarstellenden Hinweise“ oder „verbindlichen Konkretisierungen“. Drücken Sie nicht Ihr Unverständnis aus, regen Sie keine „Optimierungen“ an. Sondern: Rügen Sie.
Was bedeutet „Rügen“?
Beanstanden Sie das Leistungsverzeichnis als vergaberechtsfehlerhaft, indem Sie die konkrete Position oder Passage benennen und kurz erläutern, dass und warum Sie sie als vergaberechtswidrig einordnen. Fordern Sie den Auftraggeber zudem zur Abhilfe auf, und zwar so rechtzeitig, dass Sie die Überarbeitungen bei Ihrem Angebot oder Teilnahmeantrag berücksichtigen können. Entlassen Sie den Auftraggeber ausdrücklich nicht aus seiner Pflicht, ein rechtskonformes Leistungsverzeichnis aufzustellen. Und handeln Sie fristgerecht.
Rügen: Welche Fristen gibt es?
Die Rügen erkannter Rechtsverletzungen müssen innerhalb von 10 Tagen ab Kenntnis erhoben werden. Die Rügen erkennbarer Rechtsverletzungen, wenn sie sich aus den Vergabe- und Vertragsunterlagen und/oder der Bekanntmachung ergeben, bis zum Ablauf der Teilnahmeantrags- bzw. Angebotsfrist. Alle Fristen laufen unabhängig voneinander ab. Das heißt, es kann sein durchaus sein, dass ein Rechtsfehler – soweit er erkennbar ist – bis zum Fristablauf gerügt werden kann, aber z.B. aus BIeterfragen ersichtlich ist, dass er in Wahrheit schon lange vor Ablauf der Teilnahmeantrags- bzw. Angebotsfrist erkannt wurde. Dann heißt es Pech gehabt, wenn die früher endende Frist nicht gewahrt wurde.
Welche Formanforderungen gibt es?
Rügen sind grundsätzlich formfrei möglich. Aber Sie müssen die Rügeerhebung nachweisen, wenn Sie sich später darauf berufen wollen. Daher erheben Sie die Rüge immer in Textform, und zwar am besten über den Kommunikationskanal der Vergabeplattform, welche der Auftraggeber einsetzt.
Was gilt, wenn der Auftraggeber die Rüge zurückweist?
Lassen Sie es nicht auf sich beruhen. Es läuft nämlich eine neue Frist: die 15-Tages-Frist, innerhalb derer Sie zur Vergabekammer müssen. Tun Sie das nicht, können Sie sich später nicht mehr auf den Rechtsfehler berufen.
Und was soll ich tun, wenn der Auftraggeber sich gar nicht meldet?
Oft kommt es vor, dass der Auftraggeber sich gar nicht meldet oder nur spät. Achtung: Das Vergabeverfahren wird nicht angehalten durch Ihre Rüge. Alle Fristen laufen weiter. Es gibt auch keine Antwortpflicht des Auftraggebers. Er kann Ihre Rüge also auch aussitzen oder anders Fakten schaffen. Wenden Sie sich also auch dann – am besten: sehr zeitnah – an einen spezialisierten Anwalt.
Sind Rügen also wirklich immer formfrei?
Im Anwendungsbereich des Oberschwellen-Vergaberechts grundsätzlich schon. Unterhalb der EU-Schwellenwerte kommt es darauf an, in welchem Bundesland wir uns befinden. Manche verlangen Textform bzw. sogar Schriftlichkeit. Wenn Sie es genauer wissen möchten, sprechen Sie uns bitte an. Sie erreichen uns unter info@abante.de oder unter der Rufnummer +49 341 238 203 – 00.
Dieser Beitrag ist Teil der 10-teiligen Serie „10 Fehler bei Bauvergaben (und wie Sie sie vermeiden können)“. Was Sie zur Benennung einer nicht-vergleichbaren Referenzleistung bedenken sollten, erfahren Sie im vorherigen Beitrag.
Hinweis: Dieser Rechtstipp ersetzt keinen anwaltlichen Rat im Einzelfall. Er ist naturgemäß unvollständig, auch ist er nicht auf Ihren Fall bezogen und stellt zudem eine Momentaufnahme dar, da sich gesetzliche Grundlagen und Rechtsprechung im Lauf der Zeit ändern. Er kann und will nicht alle denkbaren Konstellationen abdecken, dient Unterhaltungs- und Erstorientierungszwecken und soll Sie zur frühzeitigen Abklärung von Rechtsfragen motivieren, nicht aber davon abhalten.
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