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Eine Transformation der Vergabe – Ringparabel 2.0

Eine Trans­for­ma­ti­on der Ver­ga­be – Ring­pa­ra­bel 2.0 | Teil 1

Teil 1: Reform für eine „Nach­hal­ti­ge Beschaf­fung“

Ende Sep­tem­ber letz­ten Jah­res wur­de der Refe­ren­ten­ent­wurf zum Ver­ga­be­trans­for­ma­ti­ons­ge­setz – wel­cher eine umfas­sen­de Über­ar­bei­tung der bun­des­recht­li­chen Ver­ga­be­rechts­nor­men im Ober- wie im Unter­schwel­len­be­reich vor­sieht – ver­öf­fent­licht und damit das Ergeb­nis eines Pro­zes­ses, wel­cher vor knapp zwei Jah­ren begann.

In die­sem und in einem wei­te­ren Bei­trag set­zen sich Fried­rich Schnoor und Dr. Fer­di­nand Moors kri­tisch mit die­sem Ent­wurf aus­ein­an­der. Sie beleuch­ten im ers­ten Teil das The­ma „Nach­hal­ti­ge Beschaf­fung“ und in einem wei­te­ren Arti­kel die Aus­wir­kun­gen auf den Rechts­schutz.

Ein­lei­tung – eine Trans­for­ma­ti­on der Ver­ga­be

1. Was lang währt, wird auch gut?

Laut BMWK ging dem Fer­tig­stel­len des Refe­ren­ten­ent­wurfs zum Ver­ga­be­trans­for­ma­ti­ons­ge­setz eine „inten­si­ve Ein­bin­dung von Fach­krei­sen, Ver­bän­den und der Zivil­ge­sell­schaft vor­aus, bei der über 450 Stel­lung­nah­men ein­ge­reicht und in meh­re­ren Gesprächs­run­den – auch unter Ein­be­zie­hung der Län­der und Kom­mu­nen – dis­ku­tiert“ wur­de. Dabei soll die­se Reform des Ver­ga­be­rechts nach Aus­sa­ge des Minis­ters Habeck nichts weni­ger als ein „Pau­ken­schlag sein“ (BMWK, 30.09.2024, abzu­ru­fen unter https://kurzlinks.de/blt0, zuletzt abge­ru­fen am 17.10.2024).

Ob die­ser „Pau­ken­schlag“ auch zu hören sein wird, mag im Ohr des Hören­den lie­gen – jeden­falls ist fest­zu­stel­len, dass eini­ge sehr weit­rei­chen­de und ein­schnei­den­de Ände­rung zen­tra­ler Ver­ga­benor­men ent­hal­ten sind, wel­che abseh­bar zu einer spür­ba­ren Ände­rung der Ver­ga­be­pra­xis füh­ren wer­den. Auch nach dem Ende der “Ampel-Regie­rung” wird das Geset­zes­vor­ha­ben wei­ter­ver­folgt, wie die Stel­lung­nah­me des Bun­des­ra­tes vom 20. Dezem­ber 2024 (BR-Drs. 591/24) zeigt; gleich­wohl ist nicht abseh­bar, wie es mit dem Ent­wurf kon­kret wei­ter­ge­hen wird.

2. Ring­pa­ra­bel 2.0

Stu­diert man die die zahl­rei­chen Ände­run­gen, Ein­schü­be und Weg­las­sun­gen, so mag man zuwei­len an das Para­dox der Ring­pa­ra­bel von Les­sing erin­nert sein: der Ent­wurf trägt augen­schein­lich die poli­ti­sche Kern­bot­schaft aller drei ehe­ma­li­gen Koali­ti­ons­part­ner mit dem Ver­such, das Ver­ga­be­recht gleich­zei­tig sozia­ler, öko­lo­gi­scher und libe­ra­ler zu machen. Ob die­se rechts­po­li­ti­sche Her­aus­for­de­rung gemeis­tert ist und der ver­ga­be­recht­li­che Frie­den unter den drei Par­tei­en wie­der­her­ge­stellt ist, kann die­ser Bei­trag nicht abschlie­ßend beant­wor­ten. Dafür sind die Ände­run­gen wie etwa ein ver­än­der­ter Bau­auf­trags­be­griff oder die Nach­schär­fun­gen bei der Inhouse-Ver­ga­be zu umfang­reich, um ihre Aus­wir­kun­gen sämt­lich zu erfas­sen. Die­ser Bei­trag möch­te daher kon­kret auf zwei erheb­li­che Vor­ha­ben ein­ge­hen, die nach Auf­fas­sung der Autoren von der Brei­te der Ver­ga­be­stel­len in Zukunft drin­gend zu berück­sich­ti­gen sein wer­den: Die Neu­ein­füh­rung des § 120a GWB-RefE als neue „Zen­tral­norm“ für die nach­hal­ti­ge Beschaf­fung (unter II.) und die Umge­stal­tung des Nach­prü­fungs­ver­fah­rens (unter III.).

Reform für eine „Nach­hal­ti­ge Beschaf­fung“
Pro­blem­auf­riss

Die Not­wen­dig­keit eines öko­lo­gi­schen Umbaus von Gesell­schaft, Wirt­schaft und öffent­li­cher Infra­struk­tur zum Ver­lang­sa­men und mög­li­chen Stopp eines rapi­den Kli­ma­wan­dels ist im Jah­re 2024 – dem ver­mut­lich (mal wie­der) wärms­ten Jahr seit Mess­be­ginn – mit bereits zahl­rei­chen dadurch ein­ge­tre­te­nen Umwelt- und Unwet­ter­ka­ta­stro­phen nicht mehr son­der­lich begrün­dungs­be­dürf­tig (ZDF, Bericht vom 06.09.2024, abzu­ru­fen unter https://kurzlinks.de/3i94, zuletzt abge­ru­fen am 23.10.2024).

Das öffent­li­che Beschaf­fungs­we­sen hat mit einem Anteil von mehr als 16 % am euro­päi­schen Brut­to­so­zi­al­pro­dukt einen für die Wert­schöp­fung nicht zu unter­schät­zen­den Umfang (Euro­päi­sches Par­la­ment, Kurz­dar­stel­lun­gen zur Euro­päi­schen Uni­on „Ver­ga­be öffent­li­cher Auf­trä­ge, abzu­ru­fen unter https://kurzlinks.de/zqqt, zuletzt abge­ru­fen am 23.10.2024). Die Koali­ti­on möch­te die­sen Anteil nut­zen und dafür Sor­ge tra­gen, dass die Beschaf­fung nicht „nur“ sach­ge­recht durch­ge­führt wird, son­dern auch zu einem „Trei­ber der […] Trans­for­ma­ti­on zu einer sozi­al-öko­lo­gi­schen Markt­wirt­schaft“ wird und zur „Schaf­fung grü­ner Leit­märk­te“ bei­trägt (Refe­ren­ten­ent­wurf, Ent­wurf eines Geset­zes zur Trans­for­ma­ti­on des Ver­ga­be­rechts, 30.09.2024, S. 1 f). Dies soll in ver­ga­be­recht­li­cher Sicht vor allem durch die För­de­rung von „nach­hal­ti­ger Beschaf­fung“ gesche­hen – wobei die­se „Nach­hal­tig­keit“ hier eine öko­lo­gi­sche und sozia­le Dimen­si­on auf­weist. 

Der Refe­ren­ten­ent­wurf hält fest, dass hin­sicht­lich die­ses The­mas zu wenig in deut­schen Ver­ga­be­stel­len pas­siert. Zwar wird fest­ge­stellt, dass „eini­ge Ver­ga­be­stel­len […] zum The­ma Nach­hal­tig­keit bereits heu­te eine Stra­te­gie ent­wi­ckelt und kon­kre­te Zie­le defi­niert…“ haben. Der Ver­ga­be­sta­tis­tik nach fin­den Nach­hal­tig­keits­kri­te­ri­en jedoch nur in 13 % der Ver­ga­ben ent­spre­chen­de Berück­sich­ti­gung (Bund: 9 %; Län­der: 19 %; Kom­mu­nen 11 %); wobei die­se Zah­len für das Berichts­jahr 2021 gel­ten und vor­stell­bar ist, dass sie heu­te etwas höher lie­gen dürf­ten (Refe­ren­ten­ent­wurf, Ent­wurf eines Geset­zes zur Trans­for­ma­ti­on des Ver­ga­be­rechts, 30.09.2024, S. 47).

Aktu­el­le Rechts­la­ge

Dies liegt ver­mut­lich zumin­dest auch teil­wei­se an der bis­her eher unschar­fen Rechts­la­ge für die Berück­sich­ti­gung nach­hal­ti­ger sozia­ler und öko­lo­gi­scher Kri­te­ri­en bei der Ver­ga­be. Bis­lang fan­den sich nur ver­ein­zelt kon­kre­te Rege­lun­gen für eine nach­hal­ti­ge Ver­ga­be, die im Zwei­fel nicht beach­tet wer­den muss­ten oder deren Beach­tung ledig­lich eine For­ma­li­tät dar­stell­te.

§ 97 Abs. 3 GWB sieht etwa vor, dass „bei der Ver­ga­be […] sozia­le und umwelt­be­zo­ge­ne Aspek­te nach Maß­ga­be die­ses Teils berück­sich­tigt wer­den“. Gem. §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 2 GWB kön­nen bei der Auf­stel­lung der Zuschlags­kri­te­ri­en und den Aus­füh­rungs­be­din­gun­gen jeweils „umwelt­be­zo­ge­ne oder sozia­le Aspek­te berück­sich­tigt wer­den“. Auch die Merk­ma­le des Auf­trags­ge­gen­stands nach den Anfor­de­run­gen in der Leis­tungs­be­schrei­bung kön­nen gem. § 31 Abs. 3 VgV „sozia­le und umwelt­be­zo­ge­ne Aspek­te betref­fen“.

Bis­lang gibt es kei­ne Ver­pflich­tung, die­se Aspek­te ein­zu­be­zie­hen, was allein schon auf­grund der feh­len­den Kon­kre­ti­sie­rung frag­lich wäre. Auf bun­des­ge­setz­li­cher Ebe­ne fin­den die­se Aspek­te eine greif­ba­re­re Umset­zung ledig­lich in § 67 VgV bei der Beschaf­fung ener­gie­ver­brauchs­re­le­van­ter Lie­fer- oder Dienst­leis­tun­gen und bei der Berück­sich­ti­gung für Zugäng­lich­keits­kri­te­ri­en für Men­schen mit Behin­de­rung, § 121 Abs. 2 GWB, abge­se­hen von wei­te­ren beson­de­ren lan­des­recht­li­chen Vor­ga­ben im Ein­zel­fall (Zie­kow, Ziekow/Völlink, 05. Auf­la­ge 2024, § 97 GWB, Rn.: 61–63.).

In die­sem Zusam­men­hang ist auch § 13 KSG zu erwäh­nen, wonach die Trä­ger öffent­li­cher Auf­ga­ben bei ihren Pla­nun­gen und Ent­schei­dun­gen den Zweck des Kli­ma­schutz­ge­set­zes – den Schutz vor den Aus­wir­kun­gen des Kli­ma­wan­dels, die Erfül­lung natio­na­ler und euro­päi­scher Kli­ma­schutz­zie­le und die öko­lo­gi­schen, sozia­len und öko­no­mi­schen Fol­gen des Kli­ma­wan­dels – zu berück­sich­ti­gen haben. Die­ses Berück­sich­ti­gungs­ge­bot gilt für die Trä­ger der öffent­li­chen Auf­ga­ben auf allen Ebe­nen der Ver­wal­tung bei ihren Pla­nun­gen und Ent­schei­dun­gen gem. § 13 Abs. 1 KSG – wor­un­ter auch ver­ga­be­recht­li­che Pla­nun­gen und Ent­schei­dun­gen fal­len dürf­ten – und in Hin­blick auf die Beschaf­fungs­vor­gän­ge des Bun­des noch­mal kon­kret gem. § 13 Abs. 2 KSG.

Der neu­ein­ge­füg­te § 120a GWB-RefE – eine „Zen­tral­norm zur nach­hal­ti­gen Beschaf­fung“?

§ 120a GWB-RefE

Berück­sich­ti­gung sozia­ler und umwelt­be­zo­ge­ner Kri­te­ri­en

(1) Bei der Ver­ga­be öffent­li­cher Auf­trä­ge wer­den sozia­le und umwelt­be­zo­ge­ne Aspek­te berück­sich­tigt. Zu die­sem Zweck sol­len öffent­li­che Auf­trag­ge­ber im Rah­men der Leis­tungs­be­schrei­bung oder, soweit im Ein­zel­fall mit Blick auf den Auf­trags­ge­gen­stand geeig­ne­ter, auf ande­ren Stu­fen des Ver­ga­be­ver­fah­rens min­des­tens ein sozia­les oder ein umwelt­be­zo­ge­nes Kri­te­ri­um im Sin­ne der Absät­ze 2 und 3 berück­sich­ti­gen. Die Kri­te­ri­en müs­sen mit dem Auf­trags­ge­gen­stand in Ver­bin­dung ste­hen und zu des­sen Wert und den kon­kre­ten Beschaf­fungs­zie­len ver­hält­nis­mä­ßig sein.

(2) Umwelt­be­zo­gen ist ein Kri­te­ri­um ins­be­son­de­re dann, wenn es dar­auf abzielt, dass zu beschaf­fen­de Waren, Bau- und Dienst­leis­tun­gen, soweit mög­lich über ihren gesam­ten Lebens­zy­klus, kli­ma­scho­nend, bio­di­ver­si­täts­för­dernd, roh­stoff­scho­nend, ener­gie­spa­rend, was­ser­spa­rend, schad­stoff­arm, abfall­arm, lang­le­big, repa­ra­tur­freund­lich, wie­der­ver­wend­bar, recy­cling­fä­hig, unter Ein­satz von Abfäl­len oder Rezy­kla­ten oder aus nach­wach­sen­den Roh­stof­fen oder mög­lichst gut geeig­net zur umwelt­ver­träg­li­chen Abfall­be­wirt­schaf­tung her­ge­stellt, erbracht oder aus­ge­führt wer­den.

(3) Sozi­al ist ein Kri­te­ri­um ins­be­son­de­re dann, wenn es dar­auf abzielt, dass zu beschaf­fen­de Waren, Bau- und Dienst­leis­tun­gen unter fai­ren Arbeits- und Han­dels­be­din­gun­gen, unter Ermög­li­chung der Beschäf­ti­gung von Lang­zeit­ar­beits­lo­sen, Benach­tei­lig­ten oder Men­schen mit Behin­de­run­gen, unter För­de­rung der Gleich­stel­lung von Geschlech­tern, eth­ni­schen Grup­pen, Benach­tei­lig­ten oder Men­schen mit Behin­de­run­gen, unter Ein­satz sozia­ler Inno­va­tio­nen, unter Beach­tung der Men­schen- und Arbeit­neh­mer­rech­te oder unter Beach­tung der Kern­ar­beits­nor­men der Inter­na­tio­na­len Arbeits­or­ga­ni­sa­ti­on (IAO) ent­lang der glo­ba­len Wert­schöp­fungs­ket­te her­ge­stellt, erbracht oder aus­ge­führt wer­den. Sozi­al ist ein Kri­te­ri­um auch dann, wenn es dar­auf abzielt, dass zu beschaf­fen­de Waren, Bau- und Dienst­leis­tun­gen Benach­tei­lig­ten oder Men­schen mit Behin­de­run­gen in beson­de­rem Maße zugäng­lich sind. Die Ver­pflich­tung des Auf­trag­neh­mers zur Ein­hal­tung tarif­li­cher oder nicht-tarif­li­cher Arbeits­be­din­gun­gen bei der Aus­füh­rung des Auf­trags genügt den Anfor­de­run­gen an das sozia­le Kri­te­ri­um im Sin­ne der Absät­ze 1 und 4 nicht, soweit die Auf­er­le­gung die­ser Ver­pflich­tung in Erfül­lung einer gesetz­li­chen Vor­ga­be oder einer Vor­ga­be auf Grund eines Geset­zes erfolgt.

(4) Bei der Beschaf­fung von Waren, Bau- und Dienst­leis­tun­gen, die gemäß den auf Grund­la­ge von Absatz 5 erlas­se­nen all­ge­mei­nen Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten für eine umwelt­be­zo­gen nach­hal­ti­ge Beschaf­fung beson­ders geeig­net sind, müs­sen öffent­li­che Auf­trag­ge­ber bei der Leis­tungs­be­schrei­bung oder, soweit im Ein­zel­fall mit Blick auf den Auf­trags­ge­gen­stand geeig­ne­ter, auf ande­ren Stu­fen des Ver­ga­be­ver­fah­rens min­des­tens ein umwelt­be­zo­ge­nes Kri­te­ri­um berück­sich­ti­gen. Satz 1 gilt hin­sicht­lich der Berück­sich­ti­gung min­des­tens eines sozia­len Kri­te­ri­ums ent­spre­chend für die Beschaf­fung von Waren, Bau- und Dienst­leis­tun­gen, die für eine sozi­al nach­hal­ti­ge Beschaf­fung beson­ders geeig­net sind. Absatz 1 Satz 3 gilt ent­spre­chend.

(5) Die Bun­des­re­gie­rung erlässt mit Zustim­mung des Bun­des­ra­tes all­ge­mei­ne Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten über Leis­tun­gen, die

1. für eine umwelt­be­zo­gen nach­hal­ti­ge Beschaf­fung beson­ders geeig­net sind,

2. für eine sozi­al nach­hal­ti­ge Beschaf­fung beson­ders geeig­net sind,

3. nicht beschafft wer­den dür­fen; die Beschaf­fung sol­cher Leis­tun­gen bleibt hier­bei erlaubt, wenn dies aus Grün­den des öffent­li­chen Inter­es­ses drin­gend gebo­ten ist.

Bei der Aus­wahl der in den all­ge­mei­nen Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten nach Satz 1 Num­mern 1 und 2 benann­ten Leis­tun­gen ist zu berück­sich­ti­gen, ob die Ein­hal­tung der Vor­ga­ben des Absat­zes 4 bei der Beschaf­fung der betref­fen­den Leis­tung für die öffent­li­chen Auf­trag­ge­ber mit ver­tret­ba­rem Auf­wand mög­lich ist. Zudem ist hier­bei die Bedeu­tung einer sozi­al und umwelt­be­zo­gen nach­hal­ti­gen Beschaf­fung gera­de die­ser Leis­tun­gen für die För­de­rung sozia­ler und umwelt­be­zo­ge­ner Nach­hal­tig­keit ins­ge­samt zu berück­sich­ti­gen. Satz 3 gilt ent­spre­chend für die Aus­wahl der in den all­ge­mei­nen Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten nach Satz 1 Num­mer 3 benann­ten Leis­tun­gen. In den all­ge­mei­nen Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten nach Satz 1 kann die Bun­des­re­gie­rung all­ge­mein oder für ein­zel­ne Leis­tun­gen vor­ge­ben, dass die Vor­ga­ben aus Absatz 4 auch bei der Beschaf­fung von Waren, Bau- und Dienst­leis­tun­gen gel­ten, die in den all­ge­mei­nen Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten nicht benannt sind, soweit dort als beson­ders geeig­net benann­te Waren oder Dienst­leis­tun­gen ein nicht uner­heb­li­cher Bestand­teil der zu beschaf­fen­den Ware sind oder in nicht uner­heb­li­chem Maße für die Aus­füh­rung der zu beschaf­fen­den Leis­tung ver­wen­det wer­den.“

a) Berück­sich­ti­gungs­ge­bot, gem. § 120a Abs. 1 GWB-RefE

Die geplan­te Rege­lung über­nimmt zum einen die bis­he­ri­ge bekann­te und oben dar­ge­stell­te Vor­ga­be zur Berück­sich­ti­gung sozia­ler und umwelt­be­zo­ge­ner Aspek­te, § 120a Abs. 1 S. 1 GWB-RefE. Durch die „Soll“-Anordnung wird die Berück­sich­ti­gung die­ser Aspek­te im Rah­men des inten­dier­ten Ermes­sens zum Regel­fall. Das heißt: Wer davon abwei­chen möch­te, muss dies begrün­den. Den typi­schen Anwen­dungs­fall stellt der Ent­wurf so vor, dass Auf­trag­ge­ber die­se Aspek­te bei der Pla­nung des Ver­ga­be­ver­fah­rens im Rah­men der Erstel­lung der Leis­tungs­be­schrei­bung, § 120a Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GWB-RefE berück­sich­ti­gen. Kann dies auf die­ser Stu­fe nicht hin­rei­chend berück­sich­tigt wer­den, soll die­se Berück­sich­ti­gung „im Ein­zel­fall“ auf ande­ren Stu­fen des Ver­ga­be­ver­fah­rens gem. § 120a Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GWB-RefE erfol­gen. Die For­mu­lie­rung „im Ein­zel­fall“ macht hier deut­lich, dass der Gesetz­ge­ber den vor­ran­gi­gen Anwen­dungs­be­reich für die Berück­sich­ti­gung die­ser Aspek­te bei der Aus­ge­stal­tung der Ver­ga­be­un­ter­la­gen in Form der Leis­tungs­be­schrei­bung sieht; ande­re Mög­lich­kei­ten iSd. Alt. 2 sol­len dage­gen nur im Aus­nah­me­fall in Betracht gezo­gen wer­den.

Anwen­dungs­be­reich der aty­pi­schen Berück­sich­ti­gung, gem. § 120a Abs. 1 S. 2. Alt. 2 GWB-RefE?

Frag­lich ist, was “ande­re Stu­fen des Ver­ga­be­ver­fah­rens” sind. Wenn sozia­le und umwelt­be­zo­ge­ne Aspek­te nicht bei Abfas­sung der Leis­tungs­be­schrei­bung berück­sich­tigt wer­den kön­nen, sol­len sie auf die­se ande­ren Stu­fen berück­sich­tigt wer­den, aller­dings nur „soweit im Ein­zel­fall mit Blick auf den Auf­trags­ge­gen­stand geeig­ne­ter”. Die­se Berück­sich­ti­gung der Nach­hal­tig­keits­aspek­te gem. § 120a Abs. 1. S. 2 Alt. 2 GWB-RefE kann auch nicht auf der Ebe­ne der Zuschlags- oder Aus­füh­rungs­be­din­gun­gen erfol­gen, was durch zusätz­li­che Ein­fü­gun­gen in § 127 Abs. 1 S. 4 bzw. § 128 Abs. 2 S. 3 GWB-RefE klar gemacht wird („Vor­be­halt­lich der in § 120a gere­gel­ten Vor­ga­ben…“). Es nur Ver­mu­tun­gen ange­stellt wer­den, wor­in kon­kret eine Berück­sich­ti­gung gem. § 120a Abs. 1 S. 2 Alt. 2 bestehen könn­te, wenn die­se Aspek­te nicht bereits auf Ebe­ne der Leis­tungs­be­schrei­bung unter­kom­men kön­nen. Reicht es hier bereits aus, wenn die Ermitt­lung des Beschaf­fungs­be­darf unter Ver­wen­dung repa­ra­tur­freund­li­cher Ana­ly­se­instru­ment erfolgt, gem. § 120a Abs. 2 Alt. 9 GWB-RefE – falls sich dies im Zusam­men­hang mit dem Auf­trags­ge­gen­stand eig­net? Genügt es, wenn bei der Erstel­lung und Ver­öf­fent­li­chung der Bekannt­ma­chung Lang­zeit­ar­beits­lo­se ein­ge­bun­den wer­den gem. § 120a Abs. 3 Alt. 2 GWB-RefE? Auch der Ent­wurf ent­hält hier­zu kei­ne greif­ba­ren Bei­spie­le („Dienst­leis­tun­gen ohne Umwelt­re­le­vanz“, Refe­ren­ten­ent­wurf, Ent­wurf eines Geset­zes zur Trans­for­ma­ti­on des Ver­ga­be­rechts, 30.09.2024, S. 74).

Ins­ge­samt ist die Berück­sich­ti­gung jedoch nur dann ver­ga­be­rechts­kon­form, wenn sie zum einen mit dem Auf­trags­ge­gen­stand in Ver­bin­dung steht (Grund­satz der Kon­ne­xi­tät) und zu des­sen Wert und den kon­kre­ten Beschaf­fungs­zie­len ver­hält­nis­mä­ßig ist, § 120a Abs. 1 S. 3 GWB-RefE, was wohl vie­le der abwe­gi­ge­ren Ideen aus­schlie­ßen wird.

Die umwelt­be­zo­ge­nen Nach­hal­tig­keits­kri­te­ri­en – § 120a Abs. 2 GWB-RefE

Gem. § 120a Abs. 2 GWB-RefE ist ein Kri­te­ri­um dann umwelt­be­zo­gen, wenn der Beschaf­fungs­ge­gen­stand

„kli­ma­scho­nend, bio­di­ver­si­täts­för­dernd, roh­stoff­scho­nend, ener­gie­spa­rend, was­ser­spa­rend, schad­stoff­arm, abfall­arm, lang­le­big, repa­ra­tur­freund­lich, wie­der­ver­wend­bar, recy­cling­fä­hig, unter Ein­satz von Abfäl­len oder Rezy­kla­ten oder aus nach­wach­sen­den Roh­stof­fen oder mög­lichst gut geeig­net zur umwelt­ver­träg­li­chen Abfall­be­wirt­schaf­tung her­ge­stellt, erbracht oder aus­ge­führt“

wur­de. Aktu­ell erscheint die­se Lis­te mit 14 (!) Kri­te­ri­en als sehr aus­führ­lich, wobei vie­le davon bereits jetzt aus­fül­lungs­be­dürf­tig daher­kom­men (wann liegt eine aus­rei­chen­de „Scho­nung“ von Roh­stof­fen vor?). Im Sin­ne einer anwen­dungs­ori­en­tier­ten Pra­xis ist zu hof­fen, dass der Gesetz­ge­ber an die­ser Stel­le noch nach­schärft und sich auf weni­ger, dafür inhalt­lich abgrenz­ba­re­re Kri­te­ri­en beschränkt. Andern­falls besteht die Gefahr, dass ein so breit gefä­cher­tes Kri­te­ri­um zur „Grab­bel­kis­te“ ver­kommt, bei dem für jeden etwas dabei ist.

Die sozia­len Nach­hal­tig­keits­kri­te­ri­en – § 120a Abs. 3 GWB-RefE

Die in § 120a Abs. 3 GWB-RefE auf­ge­führ­ten sozia­len Kri­te­ri­en

„fai­ren Arbeits- und Han­dels­be­din­gun­gen, unter Ermög­li­chung der Beschäf­ti­gung von Lang­zeit­ar­beits­lo­sen, Benach­tei­lig­ten oder Men­schen mit Behin­de­run­gen, unter För­de­rung der Gleich­stel­lung von Geschlech­tern, eth­ni­schen Grup­pen, Benach­tei­lig­ten oder Men­schen mit Behin­de­run­gen, unter Ein­satz sozia­ler Inno­va­tio­nen, unter Beach­tung der Men­schen- und Arbeit­neh­mer­rech­te oder unter Beach­tung der Kern­ar­beits­nor­men der Inter­na­tio­na­len Arbeits­or­ga­ni­sa­ti­on (IAO) ent­lang der glo­ba­len Wert­schöp­fungs­ket­te her­ge­stellt, erbracht oder aus­ge­führt wer­den. Sozi­al ist ein Kri­te­ri­um auch dann, wenn es dar­auf abzielt, dass zu beschaf­fen­de Waren, Bau- und Dienst­leis­tun­gen Benach­tei­lig­ten oder Men­schen mit Behin­de­run­gen in beson­de­rem Maße zugäng­lich sind.“

dage­gen erschei­nen bes­ser gelun­gen; zumin­dest ergibt sich hier bei fast allen Kri­te­ri­en ein kon­kre­ter Inhalt, auch durch die Defi­ni­ti­on gem. § 120a Abs. 3 S. 2 GWB-RefE. Der Ent­wurf stellt hier­bei auch aus­drück­lich klar, dass die mitt­ler­wei­le in vie­len Bun­des­län­dern ein­ge­führ­ten Tarif­treu­e­re­ge­lun­gen kei­ne Erfül­lung die­ser zusätz­li­chen sozia­len Vor­ga­ben beinhal­ten, § 120a Abs. 3 S. 3 GWB-RefE. War­um die­se bekann­ten Instru­men­te kei­ne „sozi­al nach­hal­ti­ge Beschaf­fung“ iSd. § 120a Abs. 3 GWB-RefE dar­stel­len, ver­rät der Ent­wurf auch in der Begrün­dung nicht (Refe­ren­ten­ent­wurf, Ent­wurf eines Geset­zes zur Trans­for­ma­ti­on des Ver­ga­be­rechts, 30.09.2024, S. 74); es kann daher nur ver­mu­tet wer­den, dass es dem Ent­wurf­ge­ber hier spe­zi­ell ankommt, sozia­le Aspek­te zu bedie­nen, wel­che sei­ner Auf­fas­sung nach nicht von einer tarif­ge­rech­ten Ent­loh­nung pro­fi­tie­ren, so wie die För­de­rung von Gleich­stel­lung, Inklu­si­on oder einer „fai­ren“ glo­ba­len Wert­schöp­fung.

Zwin­gen­de Berück­sich­ti­gung von Nach­hal­tig­keits­kri­te­ri­en bei „beson­ders geeig­ne­ten“ Beschaf­fungs­ge­gen­stän­den – § 120a Abs. 4, 5 Nr. 1, 2 GWB-RefE und AVV SU-NB-RefE

Ohne jede Mög­lich­keit zur Abwei­chung muss bei der Beschaf­fung von Waren, Bau- und Dienst­leis­tun­gen nach § 120a Abs. 4 GWB-RefE min­des­tens ein umwelt­be­zo­ge­nes oder sozia­les Kri­te­ri­um berück­sich­tigt wer­den, falls die­se Leis­tung Bestand­teil einer durch die Bun­des­re­gie­rung erlas­se­nen Ver­wal­tungs­vor­schrift ist, § 120a Abs. 5, Nr. 1, 2 GWB-RefE. Auch für die­se „AVV Sozi­al und umwelt­be­zo­gen nach­hal­ti­ge Beschaf­fung“ genann­te Ver­wal­tungs­vor­schrift liegt mit Stand vom 18. Okto­ber 2024 ein ent­spre­chen­der Refe­ren­ten­ent­wurf vor (Refe­ren­ten­ent­wurf AVV Sozi­al und umwelt­be­zo­gen nach­hal­ti­ge Beschaf­fung, https://kurzlinks.de/mrtl, zuletzt abge­ru­fen am 24.10.2024).

In § 2 AVV SU-NB-RefE wer­den Leis­tun­gen auf­ge­führt, wel­che eine „beson­de­re Eig­nung“ für eine umwelt­be­zo­ge­ne nach­hal­ti­ge Beschaf­fung iSd. § 120a Abs. 5 Nr. 1 GWB-RefE auf­wei­sen, wor­un­ter nach Auf­fas­sung der Bun­des­re­gie­rung eine gan­ze Rei­he von Gegen­stän­den des (büro-)alltäglichen Bedarfs gehö­ren, so wie IT-Hard­ware, Papier­be­darf, Hygie­ne­ar­ti­kel, Arbeits­schu­he, etc. Bei die­sen Leis­tun­gen ist nach Auf­fas­sung der Bun­des­re­gie­rung „davon aus­zu­ge­hen, dass sowohl hin­rei­chend eta­blier­te, für die Pra­xis hilf­rei­che Anfor­de­run­gen und Stan­dards für eine sozi­al und umwelt­be­zo­gen nach­hal­ti­ge Beschaf­fung vor­lie­gen“, wodurch sich also der beson­de­re Beschaf­fungs­auf­wand redu­zie­ren dürf­te (Refe­ren­ten­ent­wurf AVV Sozi­al und umwelt­be­zo­gen nach­hal­ti­ge Beschaf­fung, https://kurzlinks.de/mrtl, zuletzt abge­ru­fen am 24.10.2024, S. 9).

Das Glei­che gilt für Leis­tun­gen, wel­che gem. § 120a Abs. 5 Nr. 2 GWB-RefE für eine sozi­al nach­hal­ti­ge Beschaf­fung beson­ders geeig­net sol­len, wozu schein­bar vor allem Lebens­mit­tel aus süd­li­chen Anbau­ge­bie­ten zäh­len gem. § 3 AVV SU-NB-RefE, so wie etwa Kaf­fee, Tee oder Bana­nen.

Ver­bo­te­ne Beschaf­fungs­ge­gen­stän­de, § 120a Abs. 5 Nr. 3 GWB-RefE

Im Ent­wurf vor­ge­se­hen ist auch eine „Schwar­ze Lis­te“, gem. § 120a Abs. 5 Nr. 3 GWB-RefE iVm § 4 AVV SU-NB-RefE – „Leis­tun­gen, die nicht beschafft wer­den dür­fen“. Die­se beinhal­tet Beschaf­fungs­ge­gen­stän­de, wel­che nach Auf­fas­sung der Bun­des­re­gie­rung wohl einen so mas­siv nega­ti­ven Effekt für die ver­folg­ten Nach­hal­tig­keits­zie­le auf­wei­sen – z.B. die berüch­tig­ten „Gas-Heiz­pil­ze“, Bau­stof­fe und tech­ni­sche Gerä­te mit halo­ge­nier­ten Betriebs­mit­teln oder auch Ein­weg­ver­pa­ckun­gen und ‑geschirr –, dass die­se aus dem öffent­li­chen Beschaf­fungs­we­sen ver­bannt wer­den sol­len. Der­ar­tig breit ange­leg­te ord­nungs­po­li­ti­sche Maß­nah­men wie sol­che Nega­tiv­lis­ten schei­nen aktu­ell auf Ebe­ne der Indus­trie­staa­ten bei­spiel­los zu sein; even­tu­ell zie­hen hier Frank­reich und Ita­li­en nach einem Gip­fel­tref­fen Anfang April 2024 – bei dem man sich ver­stän­digt hat­te, das „Poten­zi­al“ des Beschaf­fungs­we­gen zur Erfül­lung von Nach­hal­tig­keits­ver­ga­be­kri­te­ri­en „aus­zu­schöp­fen“ – noch nach (Gemein­sa­me Pres­se­mit­tei­lung, Le Maire/Habeck/Urso, 08.04.2024, https://kurzlinks.de/e4ra, zuletzt abge­ru­fen am 31.10.2024). In den USA wie­der­um hat man sich bei der letz­ten Reform gegen eine sol­che „har­te“ Ver­bots­po­li­tik bezüg­lich der Nach­hal­tig­keits­aspek­te ent­schie­den und statt­des­sen auf eine „wei­che“ Prio­ri­sie­rung durch „Purcha­sing Recom­men­da­ti­ons“ gesetzt (Pres­se­mit­tei­lung, Biden/Harris, 19.04.2024, https://kurzlinks.de/6b51, zuletzt abge­ru­fen am 31.10.2024; ein ganz ande­rer Ton hin­ge­gen wird von den USA bei pro­tek­tio­nis­ti­schen Ver­ga­be­vor­schrif­ten ange­schla­gen – zuletzt etwa mit der Ver­schär­fung der „Buy-American“-Gesetze, auch unter Pres. Biden, s. IHK Han­no­ver, „Wei­ßes Haus ver­kün­det stren­ge­re Buy-Ame­ri­can-Regeln“, Bei­trag vom 05.12.2022, https://kurzlinks.de/wwfg, zuletzt abge­ru­fen am 05.11.2024).

Nach­hal­tig­keit bei der Markt­er­kun­dung

Eben­falls sol­len die Rege­lun­gen zur Durch­füh­rung der Markt­er­kun­dung geän­dert wer­den. Auch die­se wer­den um ein inten­dier­tes Ermes­sen zur Berück­sich­ti­gung der ange­spro­che­nen Aspek­te modi­fi­ziert: Nach § 28 Abs. 2 S. 2 VgV-RefE soll die Markt­er­kun­dung „umwelt­be­zo­ge­ne, sozia­le und inno­va­ti­ve Aspek­te der Nach­hal­tig­keit“ umfas­sen und „vor­nehm­lich digi­tal durch­ge­führt wer­den“. Für die umwelt­be­zo­ge­nen und sozia­len Aspek­te ist auf die bereits genann­ten Kate­go­rien des § 120a Abs. 2 und 3 GWB-RefE zurück­zu­grei­fen; „inno­va­ti­ve“ Aspek­te umfas­sen nach der Legal­de­fi­ni­ti­on in Art. 2 Abs. 1 Nr. 22 RL 2014/24 die „Rea­li­sie­rung neu­er oder deut­lich ver­bes­ser­ter Waren, Dienst­leis­tun­gen oder Ver­fah­ren“. Ob die­se drei Aspek­te bei einer Markt­er­kun­dung im Regel­fall wirk­lich kumu­liert erör­tert wer­den müs­sen („und“) und wie die­se modi­fi­zier­te Erkun­dung dem Ent­wurf nach in der Pra­xis ver­ga­be­rechts­kon­form umzu­set­zen ist, bleibt frag­lich.

Fazit

Man kann es begrü­ßens­wert fin­den, dass die Bun­des­re­gie­rung kon­kre­te Schrit­te zu mehr Nach­hal­tig­keit in der Ver­ga­be ergreift. Das erklär­te Ziel ist, dass der Staat bei einer nach­hal­ti­gen Beschaf­fung „mit gutem Bei­spiel“ vor­an­geht, um durch ver­bind­li­che Vor­ga­ben mehr „Pla­nungs- und Inves­ti­ti­ons­si­cher­heit“ für spe­zia­li­sier­te Anbie­ter zu schaf­fen und so zur Schaf­fung „grü­ner Leit­märk­te“ bei­tra­gen möch­te (Refe­ren­ten­ent­wurf, Ent­wurf eines Geset­zes zur Trans­for­ma­ti­on des Ver­ga­be­rechts, 30.09.2024, S. 1 f.). Der Ent­wurf dient vor allem auch zur Umset­zung der Nach­hal­tig­keits­stra­te­gie der Bun­des­re­gie­rung und soll durch den Aus­tausch von „Kann“- mit „Soll“-Bestimmungen und die Auf­nah­me der Nega­tiv­lis­te in § 120a Abs. 5 Nr. 3 GWB-RefE den „Anteil nach­hal­ti­ger Vergaben…deutlich“ erhö­hen (Refe­ren­ten­ent­wurf, Ent­wurf eines Geset­zes zur Trans­for­ma­ti­on des Ver­ga­be­rechts, 30.09.2024, S. 40).

Frag­lich ist jedoch, ob die vor­ge­stell­ten, zuwei­len sehr klein­tei­li­gen Maß­nah­men den gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen der „sozi­al-öko­lo­gi­schen“ Trans­for­ma­ti­on unse­rer Gesell­schaft gerecht wer­den. Es bleibt tat­säch­lich etwas an den öko­lo­gi­schen und sozia­len Rah­men­be­din­gun­gen unse­rer Wirt­schaft ändert oder bloß zu einem höhe­ren büro­kra­ti­schen Auf­wand ohne ech­ten Mehr­wert führt. Sicher­lich kön­nen die zahl­rei­chen kon­kre­ten Vor­ga­ben auch Anhalts­punk­te zur Umset­zung nach­hal­ti­ger Kri­te­ri­en für die­je­ni­gen Ver­ga­be­stel­len lie­fern, wel­che bis­lang auf­grund der Dimen­si­on des The­mas eher vor­sich­tig waren; ande­rer­seits ist frag­lich, ob die zusätz­li­che Belas­tung für die Ämter bei der „nach­hal­ti­gen“ Gestal­tung der Ver­ga­be­un­ter­la­gen so geräusch­los umsetz­bar ist. Kri­tisch zu sehen ist auch die Annah­me der Bun­des­re­gie­rung, dass sol­che Ele­men­te wie die Nega­tiv­lis­te gem. § 120a Abs. 5 Nr. 3 GWB-RefE in Form der AVV Kli­ma „ent­spre­chend in der Pra­xis erprobt“ sei­en und des­we­gen als unpro­ble­ma­tisch ange­se­hen wer­den. Die­se Annah­me mag viel­leicht für die ten­den­zi­ell eher grö­ße­ren Bun­des­be­hör­den rich­tig sein; ob dies auch für die mitt­le­ren und klei­nen Ver­ga­be­stel­len auf Lan­des- oder kom­mu­na­ler Ebe­ne gut zu hand­ha­ben ist, bleibt unge­wiss.

Hin­weis: Die­ser Rechts­tipp ersetzt kei­nen anwalt­li­chen Rat im Ein­zel­fall. Er ist natur­ge­mäß unvoll­stän­dig, auch ist er nicht auf Ihren Fall bezo­gen und stellt zudem eine Moment­auf­nah­me dar, da sich gesetz­li­che Grund­la­gen und Recht­spre­chung im Lauf der Zeit ändern. Er kann und will nicht alle denk­ba­ren Kon­stel­la­tio­nen abde­cken, dient Unter­hal­tungs- und Erst­ori­en­tie­rungs­zwe­cken und soll Sie zur früh­zei­ti­gen Abklä­rung von Rechts­fra­gen moti­vie­ren, nicht aber davon abhal­ten. aban­te Rechts­an­wäl­te war nicht am Ver­fah­ren betei­ligt und hat kei­ne Par­tei im Streit­ver­fah­ren ver­tre­ten.

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