10 Feh­ler bei Bau­ver­ga­ben (und wie Sie sie ver­mei­den kön­nen) – Teil 4: Frist zur Ein­rei­chung von Eig­nungs­nach­wei­sen „rei­ßen“

Ihr (nicht prä­qua­li­fi­zier­tes) Unter­neh­men ist augen­schein­lich in die enge­re Wahl gelangt. Augen­schein­lich, denn der öffent­li­che Auf­trag­ge­ber will auf ein­mal lau­ter Nach­wei­se von Ihnen sehen, die auf Ihre Orga­ni­sa­ti­on, Ihre Rechts­treue und Zuver­läs­sig­keit etc. bezo­gen sind. Sie gera­ten in Hek­tik und Eile. Hät­te man das nicht vor­her wis­sen kön­nen?

Recht­li­che Grund­la­gen

Wenn es Ihnen so geht, befin­den Sie sich oft­mals noch in der Eig­nungs­prü­fung. Der Auf­trag­ge­ber hat inso­weit z.B. zu prü­fen, ob Ihr Unter­neh­men wirt­schaft­lich-finan­zi­ell und tech­nisch-beruf­lich dazu in der Lage ist, den Auf­trag aus­zu­füh­ren. Zwar kann er grund­sätz­lich fest­le­gen, dass für ein­zel­ne Anga­ben Eigen­erklä­run­gen aus­rei­chend sind. Die­se Eigen­erklä­run­gen die­nen jedoch in der Regel nur als vor­läu­fi­ger Nach­weis. Sie sind von den Bie­tern, deren Ange­bo­te in die enge­re Wahl kom­men, durch ent­spre­chen­de Beschei­ni­gun­gen der zustän­di­gen Stel­len zu bestä­ti­gen. Teils ist sogar aus­drück­lich defi­niert, wer ein sol­cher Bie­ter ist, wes­sen Ange­bot also in die enge­re Wahl gekom­men ist. Etwa beim Offe­nen Ver­fah­ren han­delt es sich um das Ange­bot, das den Zuschlag erhal­ten soll.

Zeit­li­che Anfor­de­run­gen

Meis­tens wird Sie der Auf­trag­ge­ber nun nicht ein­fach bit­ten, dem­nächst ein­mal Nach­wei­se bei­zu­brin­gen. Er wird – kei­nes­wegs immer, aber doch in der Regel – eine Frist set­zen oder sich zumin­dest eine „unver­züg­li­che“ Vor­la­ge erbit­ten. Vie­le Auf­trag­ge­ber ori­en­tie­ren sich an der 6‑Ta­ge-Rege­lung des § 16a Abs. 4 S. 2 EU VOB/A bzw. § 16a Abs. 4 S. 2 VOB/A 1. Abschnitt. Danach soll die Nach­for­de­rungs­frist sechs Kalen­der­ta­ge nicht über­schrei­ten. Es fragt sich aber schon, wie ver­bind­lich „soll“ im Ein­zel­fall ist.  Eine ande­re Fra­ge ist, ob die­se recht stren­ge Fris­ten­vor­ga­be (sechs Tage sind nicht viel, ins­be­son­de­re wenn ein Wochen­en­de dazwi­schen liegt) über­haupt anzu­wen­den ist. Schließ­lich wer­den die Nach­wei­se ja nicht nach­ge­for­dert, son­dern erst­ma­lig ange­for­dert. Wie­der anders mag es zu beur­tei­len sein, wenn der Auf­trag­ge­ber z.B. in der Bekannt­ma­chung oder Auf­for­de­rung zur Ange­bots­ab­ga­be aus­drück­lich mit­teilt, dass er für die Bei­brin­gung von Nach­wei­sen sechs Tage Zeit ein­räu­men wird. Aber wur­den denn über­haupt die ein­zel­nen Nach­wei­se hin­rei­chend klar und bestimmt defi­niert, die jetzt ein­ge­reicht wer­den sol­len? Und was gilt eigent­lich, wenn Sie die Frist rei­ßen?

Tipp

In Sum­me gilt vor allem eins: Hier ist vie­les unklar. Beach­ten Sie den­noch immer die genau­en Nach­weis­for­de­run­gen und natür­lich auch die Frist, deren Beach­tung der Auf­trag­ge­ber ver­langt. Denn wer (außer Anwäl­ten) will schon Streit? Meis­tens wer­den Frist­ver­let­zun­gen in Ver­ga­be­ver­fah­ren mit sehr nega­ti­ven Fol­gen (allen vor­an: Ange­bots­aus­schluss) belegt. Zugleich gilt aber auch: Kein Bie­ter soll­te ohne anwalt­li­che Prü­fung z.B. einen Aus­schluss wegen angeb­lich geris­se­ner Frist akzep­tie­ren.

Wenn Sie sehen, dass bestimm­te mög­li­cher­wei­se sogar schwer für Sie zu erfül­len­de Nach­weis­an­for­de­run­gen auf Sie zukom­men wer­den, besor­gen Sie sich die betref­fen­den Nach­wei­se am bes­ten früh­zei­tig. War­ten Sie nicht, bis die meis­tens frist­be­wehr­te Auf­for­de­rung des Auf­trag­ge­bers ins Haus flat­tert. Wenn Sie aus­nahms­wei­se weder durch gute Vor­be­rei­tung noch durch zügi­ges Han­deln inner­halb der Frist fer­tig wer­den, erwä­gen Sie einen Antrag auf Frist­ver­län­ge­rung und ggf. auch eine Rüge.

Die­ser Bei­trag ist Teil der 10-teil­i­gen Serie „10 Feh­ler bei Bau­ver­ga­ben (und wie Sie sie ver­mei­den kön­nen)“. Wie Sie die Grün­de für eine Ableh­nung Ihres Ange­bots im Ver­ga­be­ver­fah­ren ein­ho­len kön­nen, erfah­ren Sie im vor­he­ri­gen Bei­trag.

Hin­weis: Die­ser Rechts­tipp ersetzt kei­nen anwalt­li­chen Rat im Ein­zel­fall. Er ist natur­ge­mäß unvoll­stän­dig, auch ist er nicht auf Ihren Fall bezo­gen und stellt zudem eine Moment­auf­nah­me dar, da sich gesetz­li­che Grund­la­gen und Recht­spre­chung im Lauf der Zeit ändern. Er kann und will nicht alle denk­ba­ren Kon­stel­la­tio­nen abde­cken, dient Unter­hal­tungs- und Erst­ori­en­tie­rungs­zwe­cken und soll Sie zur früh­zei­ti­gen Abklä­rung von Rechts­fra­gen moti­vie­ren, nicht aber davon abhal­ten.

aban­te live – Min­der­men­gen­aus­gleich im BGB-Bau­­ver­­­trag

Unser Fach­an­walt für Bau- und Archi­tek­ten­recht Ste­fan Didt hat sich in unse­rem letz­ten aban­te live den Hin­­­weis-Beschluss des OLG Frank­furt, 23 U 86/23, aus­ein­an­der­ge­setzt. Schau­en Sie sich hier das Replay auf unse­rem You­­­Tu­­be-Kanal an: Sie möch­ten mehr zum Beschluss des OLG Frank­furt wis­sen, aber nicht das gesam­te Video schau­en? Dann

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10 Feh­ler bei Bau­ver­ga­ben (und wie Sie sie ver­mei­den kön­nen) – Teil 10: Immer Ärger mit der GAEB-Datei

Es ist schon rich­tig: Auf­trag­ge­ber akzep­tie­ren nicht nur die GAEB-Datei. Oft­mals ver­lan­gen sie sie sogar. Den­noch gilt: Vor­sicht! Was ver­langt der Auf­trag­ge­ber denn nun wirk­lich? Man­che Auf­trag­ge­ber legen fest, dass eine GAEB-Datei aus­zu­fül­len und ein­zu­rei­chen ist. Ande­re stel­len es frei, mar­kie­ren es aber aus­drück­lich als Mög­lich­keit. Wie­der ande­re schei­nen den

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10 Feh­ler bei Bau­ver­ga­ben (und wie Sie sie ver­mei­den kön­nen) – Teil 9: Im lau­fen­den Ver­ga­be­ver­fah­ren neue oder ande­re Per­so­nen benen­nen

Koope­ra­tio­nen unter Unter­neh­men sind in öffent­li­chen Ver­ga­be­ver­fah­ren immer mit Pro­ble­men behaf­tet. Eine beson­ders anfäl­li­ge Kon­stel­la­ti­on ist die früh­zei­ti­ge Benen­nung von Pro­jekt­part­nern, die sich im Lauf des Ver­ga­be­ver­fah­rens als nicht mehr rich­tig her­aus­kris­tal­li­siert. Ihr Part­ner will oder kann nicht mehr Sie wol­len mit einem ganz bestimm­ten Unter­neh­men zusam­men­ar­bei­ten, ent­we­der als Nach­un­ter­neh­men

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Sind Sie öffent­li­cher Auf­trag­ge­ber oder Bie­ter bzw. Bewer­ber, so kön­nen wir Sie vor der Ver­ga­be­kam­mer und dem OLG-Senat ver­tre­ten.

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