04. Recht­spre­chung: Aus­le­gung der Leis­tungs­be­schrei­bung im IT-Kon­text, Aus­schluss eines Bie­ters wegen Ände­rung an den Ver­ga­be­un­ter­la­gen

Ein Aus­schluss eines Ange­bots wegen Ände­rung oder Ergän­zun­gen an den Ver­ga­be­un­ter­la­gen nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 GWB kann auch dann gerecht­fer­tigt sein, wenn nach dem Ver­ständ­nis eines infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gi­schen Lai­en ein Ange­bot ein­ge­reicht wur­de, das dem Leis­tungs­ver­zeich­nis ent­spricht. Maß­geb­lich dafür, ob eine Ände­rung oder Ergän­zung vor­liegt, ist der objek­ti­ve Emp­fän­ger­ho­ri­zont eines poten­ti­el­len Bie­ters aus dem ange­spro­che­nen Bie­ter­kreis der jewei­li­gen Aus­schrei­bung.
Aus der Beschrei­bung des jewei­li­gen Ein­satz­zwe­ckes kann des­halb durch Aus­le­gung nach §§ 133, 157 BGB her­vor­ge­hen, dass Pro­duk­te zwin­gend bestimm­te Funk­tio­na­li­tä­ten haben müs­sen, auch wenn die­se nicht expli­zit in der Leis­tungs­be­schrei­bung auf­ge­führt wer­den.
Zwar muss die Leis­tungs­be­schrei­bung so ein­deu­tig wie mög­lich sein, § 121 Abs. 1 Satz 1 GWB. Dies bedeu­tet jedoch nicht, dass die Leis­tungs­be­schrei­bung zwin­gend so aus­zu­ge­stal­ten ist, dass sie unter Berück­sich­ti­gung aller denk­lo­gi­schen Mög­lich­kei­ten nur eine Aus­le­gungs­mög­lich­keit ent­hält. Auch bei sorg­fäl­ti­ger Erstel­lung einer Leis­tungs­be­schrei­bung kann nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass gerin­ge Unklar­hei­ten auf­tre­ten. Die Gren­ze zur man­geln­den Ein­deu­tig­keit ist erst dann über­schrit­ten, wenn auch nach Aus­le­gungs­be­mü­hun­gen durch fach­kun­di­ge Unter­neh­men meh­re­re Aus­le­gungs­mög­lich­kei­ten ver­blei­ben.
Gibt der Auf­trag­ge­ber an, dass Ser­ver für ein leis­tungs­star­kes hete­ro­ge­nes Rechen­clus­ter für KI-Anwen­dun­gen beschafft wer­den sol­len, ist das Leis­tungs­ver­zeich­nis in die­sem Kon­text aus­zu­le­gen.
Ein Aus­schluss eines Bie­ters ist daher gerecht­fer­tigt, wenn die­ser Leis­tun­gen anbie­tet, die nicht in das Anfor­de­rungs­pro­fil der Aus­schrei­bung pas­sen. Dies gilt auch, wenn das Ange­bot aus Sicht eines IT-Lai­en dem Leis­tungs­ver­zeich­nis ent­spricht, da für sich genom­men die objek­ti­ven Kri­te­ri­en der Leis­tungs­be­schrei­bung an die Ware in erfüllt wer­den. Ist jedoch für ein fach­kun­di­gen Bie­ter aus dem IT-Sek­tor klar, dass die Ware sich von vorn­her­ein (hier wegen der man­geln­den Mög­lich­keit der Anord­nung und Zusam­men­schal­tung von mehr als zwei GPUs) nicht für den vor­aus­ge­setz­ten Ein­satz­zweck eig­net, kann er mit Ange­bo­ten, die die Leis­tungs­kri­te­ri­en nicht erfül­len, aus­ge­schlos­sen wer­den.

Urteil: VK West­fa­len, Beschluss vom 09.11.2022, VK 3 – 42 / 22

Ein Aus­schluss eines Ange­bots wegen Ände­rung oder Ergän­zun­gen an den Ver­ga­be­un­ter­la­gen nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 GWB kann auch dann gerecht­fer­tigt sein, wenn nach dem Ver­ständ­nis eines infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gi­schen Lai­en ein Ange­bot ein­ge­reicht wur­de, das dem Leis­tungs­ver­zeich­nis ent­spricht. Maß­geb­lich dafür, ob eine Ände­rung oder Ergän­zung vor­liegt, ist der objek­ti­ve Emp­fän­ger­ho­ri­zont eines poten­ti­el­len Bie­ters aus […]

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