02. Aktu­el­le Recht­spre­chung: Zuläs­sig­keit einer Gesamt­ver­ga­be, Anfor­de­run­gen an die Doku­men­ta­ti­on einer Gesamt­ver­ga­be, Lie­fe­rung von Fach­soft­ware

Leit­sät­ze

Gegen­stand ist die Beschaf­fung von vier Soft­ware­an­wen­dun­gen eines Her­stel­lers in einem Gesamt­los.
Der öffent­li­che Auf­trag­ge­ber hat das Ver­ga­be­ver­fah­ren von Beginn an fort­lau­fend in Text­form zu doku­men­tie­ren, soweit dies für die Begrün­dung von wesent­li­chen Ent­schei­dun­gen auf jeder Stu­fe des Ver­ga­be­ver­fah­rens erfor­der­lich ist.
Das bedeu­tet, dass er sei­ne Ein­schät­zung des Beschaf­fungs­be­darfs, die Ver­fah­rens­art und die Rah­men­be­din­gun­gen (z. B. ohne Losauf­tei­lung) vor Ver­öf­fent­li­chung der Auf­trags­be­kannt­ma­chung nie­der­schreibt.
Die Doku­men­ta­ti­on muss von sich aus den Zeit­punkt des Erstel­lens erken­nen las­sen.
Eine Gesamt­ver­ga­be darf nur in Aus­nah­me­fäl­len erfol­gen. Ein Aus­nah­me­fall kann eröff­net sein, wenn wirt­schaft­li­che oder tech­ni­sche Grün­de es erfor­dern, dass meh­re­re Teil- oder Fach­lo­se zusam­men ver­ge­ben wer­den. Nach Fest­le­gung des Beschaf­fungs­ge­gen­stands muss sich der öffent­li­che Auf­trag­ge­ber nach § 97 Abs. 4 GWB in einer umfas­sen­den Inter­es­sen­ab­wä­gung mit dem grund­sätz­li­chen Gebot der Fach­los­ver­ga­be aus­ein­an­der­set­zen. Die erfor­der­li­che Abwä­gung und Begrün­dung der Ent­schei­dung ist zu doku­men­tie­ren. Hier­zu gehört auch, dass die Vor­tei­le einer los­wei­sen Ver­ga­be erör­tert wer­den und nicht nur deren Nach­tei­le.
Stützt sich die Gesamt­ver­ga­be auf feh­len­de tech­ni­sche Kom­pa­ti­bi­li­tät bei meh­re­ren Her­stel­len, müs­sen vor allem kon­kre­te Aus­füh­run­gen zu den angeb­li­chen tech­ni­schen Kom­pa­ti­bi­li­täts­er­wä­gun­gen vor­lie­gen. Stützt sie sich auf Per­so­nal­mehr­auf­wand, muss die­ser kon­kret quan­ti­fi­ziert und nach­voll­zieh­bar dar­ge­legt wer­den. Hier braucht es eine sorg­fäl­ti­ge Bedarfs­ana­ly­se mit einer Ver­gleichs­be­rech­nung, aus der her­vor­geht, wel­cher tat­säch­li­che Auf­wand ent­steht und wel­cher Mehr­auf­wand aus der Losauf­tei­lung ent­steht und wel­cher Mehr­auf­wand dann als unzu­mut­bar ange­se­hen wird.
Wird argu­men­tiert, die Kun­den des öffent­li­chen Auf­trag­ge­bers akzep­tier­ten nur eine Lösung aus einer Hand, so ist zu beach­ten, ob die Kun­den ihrer­seits Aus­weich­mög­lich­kei­ten haben, denn sie sind als öffent­li­che Auf­trag­ge­ber auch an das GWB gebun­den.
Wird die Gesamt­los­ver­ga­be auf meh­re­re Argu­men­te gestützt, von denen sich einer nicht veri­fi­zie­ren lässt, lässt sich nicht fest­stel­len, dass die Ent­schei­dung von dem Auf­trag­ge­ber auch bei Weg­fall die­ses Begrün­dungs­strangs so getrof­fen wor­den wäre.

VK Baden-Würt­tem­berg, Beschluss vom 27.01.2022 – 1 VK 63/21, Beck­RS 2022, 24701 (nicht rechts­kräf­tig; auf­ge­ho­ben durch die nach­fol­gend wie­der­ge­ge­be­ne Ent­schei­dung)

Leit­sät­ze Gegen­stand ist die Beschaf­fung von vier Soft­ware­an­wen­dun­gen eines Her­stel­lers in einem Gesamt­los. Der öffent­li­che Auf­trag­ge­ber hat das Ver­ga­be­ver­fah­ren von Beginn an fort­lau­fend in Text­form zu doku­men­tie­ren, soweit dies für die Begrün­dung von wesent­li­chen Ent­schei­dun­gen auf jeder Stu­fe des Ver­ga­be­ver­fah­rens erfor­der­lich ist. Das bedeu­tet, dass er sei­ne Ein­schät­zung des Beschaf­fungs­be­darfs, die Ver­fah­rens­art und die Rah­men­be­din­gun­gen […]

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