Vergabeverfahren werden keineswegs bloß von Vergabekammern und OLG-Senaten überprüft. Tatsächlich stellt die Prüfungstätigkeit der Nachprüfungsinstanzen nur den kleinsten Teil aller Vergabekontrollen dar. Öfters sind öffentliche Auftraggeber mit kritischen Nachfragen oder regelrechtlichen Tiefenprüfungen der für sie zuständigen Prüfbehörden konfrontiert. Vielen ist dabei gar nicht so klar, welche Prüfbehörden es gibt, welche Zuständigkeiten sie haben und wie sich – als öffentlicher Auftraggeber – dagegen zur Wehr setzen können, bzw. wie sie – als Bieter oder Bewerber – ihre Interessen unter Beteiligung einer solchen Stelle verfolgen können.
Welche behördlichen Stellen außer den Nachprüfungsinstanzen prüfen noch Vergabeverfahren?
In manchen Bundesländern existieren Vergabeprüfstellen, die ein Vergabeverfahren nicht auf eine Bieterrüge hin und auch nicht vor der Zuschlagsentscheidung prüfen, sondern bevor es eingeleitet wird oder wenn es längst abgeschlossen ist. Sie sind manchmal eher interne Berater der öffentlichen Hand, manchmal interne Kontrollstelle. Diese Stellen heißen öfters „Vergabeprüfstelle“, manchmal besteht daneben noch eine „VOB-Stelle“, die Bauvergaben kontrolliert.
Außer solchen Prüfstellen gibt es diverse weitere behördliche Stellen, die mehr oder minder regelmäßig Vergabeverfahren – im Regelfall: im öffentlichen Interesse – überprüfen. Dazu zählen:
- Rechnungshöfe
- Rechnungsprüfungsämter
- Zuwendungsgeber und ihre mit der Auszahlungs- und Verwendungsnachweisprüfung Beauftragten
- Förderbanken, häufig in ihrer Funktion als Zuwendungsgeber
- Nationale Prüfstellen (in der Regel im Zusammenhang mit der Gewährung von Fördermitteln)
- Prüfstellen der EU (in der Regel im Zusammenhang mit der Gewährung von Fördermitteln)
- Private, denen die Aufgaben einer Prüfstelle übertragen wurden (in der Regel im Zusammenhang mit der Gewährung von Fördermitteln)
Keine echte Nachprüfungsinstanz
Vergabeprüfstellen sind nicht zu verwechseln mit den Vergabekammern, die oberhalb der EU-Schwellenwerte auf Antrag Nachprüfungsverfahren einleiten und damit die Zuschlagserteilung blockieren. Im Regelfall müssen sie auch streng unterschieden werden von den wenigen Vergabekammern unterhalb der EU-Schwellenwerte, die es in manchen Bundesländern gibt; auch wenn diese Vergabekammern dort manchmal ähnlich oder sogar exakt genauso („Vergabeprüfstelle“) heißen. Sie unterscheiden sich Nachprüfungsinstanzen dadurch, dass sie gerade nicht in ein laufendes Vergabeverfahren im Interesse des Bieterschutzes und auf einen rechtlich verpflichten Bieterantrag hin eingreifen. Gelegentlich fungieren sie aber auch als Beschwerdestellen, bei der sich Bieter und Bewerber, Bürger oder sonstige Interessierte in aller Regel formlos, wenn auch sinnvollerweise unter Angabe einer Begründung über ein oder mehrere Vergabeverfahren beschweren können; ein Anspruch auf Tätigwerden der Vergabeprüfstelle besteht im Regelfall jedoch nicht.
Das System der Vergabenachprüfung durch Vergabekammern und Oberlandesgerichte
Wie wird sichergestellt, dass Vergabeverfahren rechtskonform durchgesetzt werden und wie steht es um die Beachtung bieterschützender Rechte? In unserem Beitrag zum System der Vergabenachprüfung durch Vergabekammern und Oberlandesgerichte beleuchten wir alle für Sie als Auftraggeber relevanten Aspekte.
Vergabeprüfungen durch Rechnungsprüfungsämter
In manchen Kommunalverfassungen ist es ausdrücklich festgehalten. Danach dürfen die kommunalen Rechnungsprüfungsämter im Rahmen der örtlichen Rechnungsprüfung Vergaben vor dem Zuschlag prüfen. Die Vergabeausschüsse der Kommunalvertretungen wollen den entsprechenden Prüfungsvermerk in der Regel auch sehen, bevor sie eine Vergabe „durchwinken“. Wird der Vermerk verweigert, so kann dies zu einer Zurückversetzung des Vergabeverfahrens führen. Für Bieter und Bewerber ist es daher gerade bei Vergabeverfahren, in denen kein echtes Nachprüfungsverfahren statthaft ist (aber nicht nur bei diesen!), oftmals ein probates Mittel, die Zuschlagserteilung an das Konkurrenzunternehmen zu verhindern. Und zwar indem sie die kommunalen Rechnungsprüfer auf Unregelmäßigkeiten aufmerksam machen. Öffentliche Auftraggeber sollten sich wiederum vorsehen. Der Vorsteher des Rechnungsprüfungsamts handelt sehr oft weisungsfrei. Der Bürgermeister bzw. Landrat, vor allem die Kommunalvertretung wird ihm zuhören. Die Vergabeakte sollte daher einwandfrei an das Rechnungsprüfungsamt übergeben werden.
Vergabeprüfungen durch Zuwendungsgeber
Viele Prüfstellen sind verbunden mit Zuwendungsgebern. Manchmal sind sie in die Zuwendungsgeber institutionell integriert, manchmal agieren sie in deren Auftrag. Ihre Aufgabe ist es, schon bei der Auszahlung zu überprüfen, ob die Fördermittel rechtskonform verwendet wurden. Rechtskonform heißt vor allem auch vergaberechtskonform. Auch später, wenn der Verwendungsnachweis eingereicht wird, überprüfen sie mehr oder weniger intensiv die Vergabeverfahren, die den behaupteten Ausgaben zugrunde gelegen haben.
Zuwendungswiderruf bei schwerem Vergabefehler
Ihnen droht ein Zuwendungswiderruf? Oder Sie möchten bereits die Vergabe so ausschreiben, dass Vergabefehler möglichst ausgeschlossen sind? Dann vereinbaren Sie hier ein kostenloses Erstgespräch.
Welche Zuständigkeit haben die Rechnungshöfe?
Die Rechnungshöfe prüfen im Regelfall Vergabeverfahren nicht vollständig und schon gar nicht regelmäßig. Allerdings lassen sie sich Vergabeakten gerade bei größeren Vorhaben zeigen und sehen sie durch. Stellen sie insoweit Fehler fest, gilt es für den öffentlichen Auftraggeber bzw. Zuwendungsgeber, der die Prüfung über sich ergehen lassen muss, rasch zu handeln. Wird in der Prüfmitteilung festgehalten, dass Vergaberechtsverstöße festgestellt wurden, hat dies in aller Regel zufolge, dass die Hausleitung ein Tätigwerden erwartet. Nicht selten verlieren im Nachgang zu solchen Berichten Mitarbeiter ihren Job oder werden Fördermittel im nennenswerten Umfang widerrufen und zurückgefordert. Daher ist es aus Sicht des öffentlichen Auftraggebers und des Zuwendungsgebers unter allen Umständen geboten, etwaige Fehlvorstellungen der – manchmal im Vergaberecht nicht sonderlich beschlagenen Prüfer der Rechnungshöfe – auszuräumen und die Aufnahme von Fehlinformationen in das Prüfungsergebnis zu verhindern.
Wie wir Ihnen helfen können
Sind Sie öffentlicher Auftraggeber oder Bieter bzw. Bewerber, so können wir Sie vor der Vergabekammer und dem OLG-Senat vertreten.
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