In Vergabeverfahren der öffentlichen Hand gibt es viele Besonderheiten und Herausforderungen, die sowohl Auftraggeber als auch Bieter beachten müssen. Eine aktuelle Entscheidung der Vergabekammer Schleswig-Holstein vom 29. September 2023 (AZ VK-SH 11/23) unterstreicht die Wichtigkeit von transparenten Preisermittlungsvorgaben bei der Vergabe von Schülerbeförderungsleistungen. In diesem Beitrag fassen wir für Sie die wesentlichen Punkte zusammen, die in der Praxis von Bedeutung sind.
Hier gelangen Sie zum Video der Besprechung der Entscheidung:
Hintergrund des Falls
Im Januar 2023 wurde ein Ausschreibungsverfahren für Schülerbeförderungsleistungen eingeleitet. Neben den Hauptfahrten zwischen Schule und Zuhause wurden auch Sonderfahrten ausgeschrieben. Ziel war die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots anhand eines Bewertungspreises, der zu 50 % aus kalkulierten Gesamtkilometern bestand. Diese Kalkulation beruhte auf nicht näher spezifizierten Erfahrungswerten, die in den Vergabeunterlagen nicht offengelegt wurden. Der weitere Teil der Bewertung basierte auf dem Preis pro besetzten Kilometer.
Der Konflikt
Die Vergabe führte zu Streitigkeiten: Ein unterlegener Bieter erhob Rüge und beanstandete insbesondere die Auskömmlichkeitsprüfung gemäß § 60 VgV, die er als unzureichend ansah. Die Vergabekammer stimmte dem zunächst zu und forderte den Auftraggeber auf, die Preisprüfung nachzuholen. Der Auftraggeber führte die Aufklärung durch und hielt an seiner ursprünglichen Entscheidung fest. Der unterlegene Bieter griff dies erneut an.
Verfahren vor der Vergabekammer
Die Vergabekammer prüfte detailliert, ob die Preisaufklärung ordnungsgemäß erfolgte. Zu den Maßnahmen des Auftraggebers gehörten:
- Überprüfung der Fahrzeug- und Personalkosten
- Analyse von Kalkulationsgrundlagen, wie Mindestlohn und Betriebskosten
- Mehrfache Rückfragen an den Bieter zur Konkretisierung seiner Kalkulation
Die Vergabekammer bewertete diese Schritte positiv und hielt die Preisaufklärung für ausreichend.
Einschätzung durch das OLG Schleswig-Holstein
Das OLG Schleswig stellte fest, dass die Preisermittlungsvorgaben möglicherweise intransparent waren. Besonders kritisch sah es den Unterschied zwischen dem Wertungspreis und dem tatsächlich abgerechneten Tourenpreis. Sollte diese Intransparenz bestätigt werden, könnte das gesamte Verfahren fehlerhaft sein.
Akteneinsicht und Geheimnisschutz
Ein weiterer Streitpunkt betraf die Einsicht in die Akten des erfolgreichen Bieters. Das OLG entschied, dass umfassende Offenlegungen aus Gründen des Geschäftsgeheimnisschutzes nicht zulässig seien. Stattdessen führte der Senat eine eigene Prüfung durch.
Fazit
Die Entscheidung zeigt, wie sensibel und komplex Ausschreibungen gestaltet sein müssen, um sowohl rechtlichen als auch wirtschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden. Insbesondere die Transparenz von Bewertungsmaßstäben ist entscheidend, um Anfechtungen zu vermeiden.
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