Unser Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Stefan Didt hat sich am 21.02.2025 in einem abante Live zum Baurecht mit dem Urteil des OLG Köln (08.05.2023, Az. 19 U 79/22) befasst.
Das Gericht beschäftigte sich mit der Frage, ob Ingenieure oder Architekten ein zusätzliches Honorar verlangen können, wenn die tatsächlichen Baukosten eines Projekts erheblich höher ausfallen als ursprünglich kalkuliert. Die Entscheidung zeigt deutlich, dass allein gestiegene Baukosten keinen Anspruch auf Mehrvergütung begründen.
Hier gelangen Sie zum Video der Besprechung der Entscheidung:
Der Fall: Ein Großprojekt mit unerwarteten Mehrkosten
Im Zentrum des Rechtsstreits stand ein Wasserverband, der mit dem Bau eines Hochwasserkanals in Nordrhein-Westfalen betraut war. Neben dem Kanalbau umfasste das Bauvorhaben weitere Maßnahmen wie Stadtgestaltung, Bau eines Kreisverkehrs und Hochwasserschutz.
Für die örtliche Bauüberwachung und Bauoberleitung wurde eine Ingenieurgesellschaft beauftragt. Diese hatte sich an der öffentlichen Ausschreibung beteiligt und auf Basis eines Pauschalpreises den Zuschlag erhalten. Die ursprünglich kalkulierten anrechenbaren Baukosten wurden mit rund 13,7 Millionen Euro netto angegeben.
Doch im Laufe des Projekts stellte sich heraus, dass die tatsächlichen Baukosten erheblich höher waren – am Ende beliefen sie sich auf 21,5 Millionen Euro. Die Ingenieurgesellschaft legte daraufhin eine Schlussrechnung, die eine erhebliche Nachforderung enthielt. Der Auftraggeber weigerte sich jedoch, die zusätzlichen Honorarforderungen zu begleichen, woraufhin die Planer klagten.
Die Entscheidung des OLG Köln: Keine automatische Honorarerhöhung durch gestiegene Baukosten
Sowohl das Landgericht als auch das OLG Köln wiesen die Klage der Ingenieurgesellschaft weitgehend ab. Das OLG stellte klar:
- Vertraglich vereinbarte Vergütung ist maßgeblich
Die Ingenieurgesellschaft hatte einen Pauschalfestpreis vereinbart. Ein Anspruch auf Anpassung des Honorars ergibt sich nicht allein daraus, dass die tatsächlichen Baukosten höher ausgefallen sind. - Keine Änderung der vertraglich vereinbarten Leistungen
Nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ist eine Anpassung des Honorars nur möglich, wenn es zu einer Leistungsänderung oder zusätzlichen Leistungen kommt. Eine bloße Erhöhung der Baukosten ohne Änderung der Planungsleistungen führt jedoch nicht automatisch zu einer Honoraranpassung. - Keine Pflichtverletzung des Auftraggebers
Die Ingenieurgesellschaft argumentierte, dass der Auftraggeber bereits in der Ausschreibung falsche Baukosten angegeben habe. Das Gericht sah darin jedoch keine Pflichtverletzung, da die Kosten als Schätzwerte deklariert wurden und sich solche Werte in der Praxis häufig verändern. - Kein Anspruch aus „Störung der Geschäftsgrundlage“
Eine Anpassung des Vertrags gemäß § 313 BGB wegen unvorhersehbarer Umstände wurde ebenfalls abgelehnt. Das Gericht stellte fest, dass Planer und Ingenieure wissen, dass Baukosten sich im Laufe eines Projekts ändern können. Zudem hatten die Parteien bewusst einen Pauschalpreis vereinbart, der gewisse Risiken auf beiden Seiten verteilt.
Fazit: Auftraggeber profitieren von klaren Honorarregelungen
Das Urteil des OLG Köln ist besonders für öffentliche Auftraggeber von Bedeutung. Es unterstreicht, dass eine Erhöhung der Baukosten nicht automatisch zu einer Nachvergütung für Planer führt – es sei denn, es liegt eine vertraglich geregelte Anpassungsklausel vor oder es wurden tatsächlich zusätzliche Leistungen beauftragt.
Für Planer und Ingenieure bedeutet dies: Wer sein Honorar an steigende Baukosten anpassen möchte, sollte dies bereits im Vertrag klar regeln und dokumentieren, wenn während des Projekts zusätzliche Leistungen erforderlich werden.
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