Unser Rechtsanwalt Daniel Schölzel hat sich am 22. August 2025 in einem LinkedIn live zum Vergaberecht mit dem Beschluss des Verwaltungsgericht Darmstadt vom 01. April 2025 (Az.: 7 L 2856/24) befasst.
Das Verwaltungsgericht Darmstadt entschied am 1. April 2025 mit seinem Beschluss (Az.: 7 L 2856/24), dass im Rahmen von geförderten Breitbandprojekten ein Auswahlverfahren zur Vergabe von Dienstleistungskonzessionen oder ‑aufträgen in Anlehnung an die kartellvergaberechtlichen Vorschriften der KonzVgV und VgV durchgeführt werden darf – und zwar auch dann, wenn eigentlich eine Bereichsausnahme gilt.
Unser Video zur Urteilsbesprechung:
Sachverhalt
Die Antragsgegnerin (AG) – eine Kommune – erhielt sowohl vom Bundes- als auch vom Landesfördermittelgeber für den Breitbandausbau im Rahmen des sog. Weiße-Flecken-Programms Zuwendungen für ein Wirtschaftlichkeitslückenmodell. Beide zugrundeliegende Fördermittelbescheide nahmen ausdrücklich Bezug auf die NGA-Rahmenregelung sowie auf die Breitbandrichtlinie.
Zur Umsetzung des Projekts schrieb die AGBau- und Netzbetriebsleistungen in einem europaweiten Auswahlverfahren aus. Die dort verwendeten Vergabeunterlagen beinhalteten den allgemeinen Hinweis stellte sie klar, dass das Verfahren in Anlehnung an die Vorschriften der Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) und der Vergabeverordnung (VgV) durchgeführt wird. Einzelne Vorschriften der genannten Verordnungen waren indes nicht aufgeführt.
Die Antragstellerin (ASt)– eine Bieterin im Verfahren – Bieterin reichte ein Angebot ein, das einer Preisaufklärung unterzogen wurde. Anlass waren folgende Auffälligkeiten: Zum einen wurden unzulässige Mischkalkulationen vorgenommen, zum anderen waren die Preise ungewöhnlich niedrig angesetzt.. Da die ASt die Zweifel an der Auskömmlichkeit nicht ausräumen konnte, wurde ihr Angebot ausgeschlossen. Gegen den drohenden Zuschlag an einen Mitbewerber beantragte sie einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht (VG) Darmstadt.
Kernpunkt der Entscheidung
Das VG Darmstadt stellte klar: Auch wenn Konzessionen für Telekommunikationslinien grundsätzlich von den Vergabevorschriften ausgenommen sind, können und müssen öffentliche Auftraggeber die Vorschriften der KonzVgV und VgV anwenden, durch die Förderbedingungen vorgegeben ist.
Die Richter folgten damit der Linie des Oberverwaltungsgericht Sachsen, das bereits entschieden hatte, dass ein Verfahren insgesamt an den Vorgaben der KonzVgV und VgV ausgerichtet werden darf. Entscheidend ist nicht, ob es sich formal um eine Konzession oder einen Auftrag handelt, sondern dass die Förderbescheide Transparenz, Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung verlangen.
Der Hinweis in den Vergabeunterlagen („zweistufiges Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb“) genügte dem Gericht. Eine ausdrückliche Nennung sämtlicher Vorschriften in der Auftragsbekanntmachung – wie von der VK Südbayern verlangt – sei nicht erforderlich.
Folge: Der Ausschluss des Angebots wegen Mischkalkulation und unauskömmlicher Preise war rechtmäßig.
Tipps für öffentliche Auftraggeber
- Förderbescheide genau prüfen: Häufig verpflichten diese zur Anwendung der vergaberechtlichen Grundsätze – selbst wenn eine Bereichsausnahme greift.
- Transparenz herstellen: Ein klarer Hinweis in den Vergabeunterlagen reicht in der Regel aus, um die Anwendbarkeit der KonzVgV/VgV sicherzustellen.
- Dokumentation beachten: Gerade bei Preisaufklärungen und Ausschlüssen ist eine nachvollziehbare Begründung entscheidend.
Tipps für Bieter und Zuwendungsempfänger
- Vergabeunterlagen sorgfältig lesen: Auch wenn die Bereichsausnahme gilt, können dennoch die Regeln der KonzVgV/VgV Anwendung finden.
- Plausible Kalkulation vorlegen: Unvollständige oder gemischte Preisangaben führen schnell zum Ausschluss.
- Transparenz sicherstellen: Sicherheitszuschläge oder ungewöhnlich niedrige Preise müssen nachvollziehbar und belastbar belegt sein.