Sie sind IT-Beschaffer und fragen sich, welche Unterlagen man denn eigentlich für jede IT-Beschaffung braucht? Keine leichte Frage. Denn IT-Beschaffungen sind speziell, gleichzeitig benötigen Sie alle Unterlagen wie bei einer „normalen“ Vergabe auch. Wir geben Ihnen einen kleinen Überblick, worauf Sie als IT-Beschaffer nicht verzichten sollten, wenn Sie IT-Leistungen ausschreiben:
Nach § 29 VgV; § 21 UVgO; § 8 VOL/A; müssen die Vergabeunterlagen alle Angaben enthalten, die erforderlich sind, um dem Bieter eine Entscheidung zur Teilnahme am Vergabeverfahren oder zur Angebotsabgabe zu ermöglichen.
Die Unterlagen sollen also die Grundlage für verwertbare Angebote der Bieter sein, d. h. sie müssen für den Bieter möglichst einfach und schnell zu erfassen sein (so lang wie nötig, so kurz wie möglich), gleichzeitig müssen die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestinhalte enthalten sein, damit der Zuschlag rechtssicher erfolgen kann.
Es bietet sich allein der Übersichtlichkeit wegen an, die Unterlagen in einen Informationsteil und einen Vertragsteil zu unterteilen.
Der Informationsteil enthält neben dem Anschreiben die Bewerbungsbedingungen.
Das Anschreiben soll als gesondertes Dokument in Briefform kurz auf das Vergabeverfahren Bezug
nehmen, die Angebotsfrist und relevanten Termine bestimmen, die Vergabeverfahrensart sowie das Aktenzeichen des Auftraggebers bezeichnen und die Aufforderung zur Angebotsabgabe oder – bei Teilnahmewettbewerben – zur Abgabe eines Teilnahmeantrages enthalten (s. Mindestinhalte nach § 52 Abs. 2 VgV; § 37 Abs. 2 UVgO).
In den Bewerbungsbedingungen sollen potenzielle Bieter einen Überblick über das konkrete Vergabeverfahren erhalten. Auch die Eignungs- und Zuschlagskriterien sowie ihre Gewichtung müssen genannt werden (zB mit der Vergabe von Wertungspunkten), soweit sie nicht bereits in der Bekanntmachung enthalten sind. Zudem bietet es sich an, Regelungen zu nachträglichen Angebotsänderungen sowie Angebotsrücknahmen zu treffen. Die Auftraggeber können darüber hinaus gem. § 25 UVgO; § 35 VgV; § 8 Abs. 4 VOL/A Nebenangebote zulassen. Ein solcher Hinweis kann bereits in die Bekanntmachung aufgenommen werden oder aber erst in den Vergabeunterlagen enthalten sein. Fehlt eine entsprechende Angabe, sind Nebenangebote unzulässig. Bei EU-weiten Vergabeverfahren muss die Vergabekammer einschließlich aller Kontaktdaten als zuständige Stelle für Nachprüfungsverfahren genannt werden.
Der Vertragsteil enthält die Vertragsunterlagen, d. h. die Leistungsbeschreibung (§ 23 UVgO; § 31 VgV; § 7 VOL/A) und die Vertragsbedingungen (§ 21 Abs. 1 Nr. 3 UVgO; § 29 Abs. 1 Nr. 3 VgV; § 9 VOL/A). Grundsätzlich sind die VOL/B in den Vertrag mit einzubeziehen (§ 21 Abs. 2 UVgO; § 29 Abs. 2 VgV; § 9 VOL/A). Bei IT-Vergaben bietet es sich regelmäßig an, einen Preisblattvordruck zu erstellen. Zudem wird der Leistungsbeschreibung in der Regel ein Kriterienkatalog beigefügt.
Bei IT-Vergaben ist besonderes Augenmerk auf die Leistungsbeschreibung zu legen – unzureichende Leistungsbeschreibungen sind gerade bei IT-Projekten die häufigste Ursache für ausufernde Kosten, Risikoaufschläge und Terminüberschreitungen! Im Rahmen der Leistungsbeschreibung empfiehlt es sich, auf IT-spezifische Standards und Normen Bezug zu nehmen (etwa die IT Infrastructure Library, ISO/IEC 20000, EN ISO 9241), um klare Anforderungen zu kommunizieren. Darüber hinaus ist hier der Grundsatz der Produktneutralität unbedingt zu beachten (s. dazu #).
Oft genug kann jedoch gerade bei IT-Vergaben die Leistung gar nicht in allen Einzelheiten konkret beschrieben werden, da dem Auftraggeber das technische Know-how fehlt (gerade deshalb schreibt er die Leistung ja aus!). Enthalten muss die Leistungsbeschreibung daher wenigstens eine eindeutige Zielvorgabe (sog. funktionale Leistungsbeschreibung). Gerade in Softwareentwicklungsprojekten ist das gewählte Vorgehensmodell mit in die Leistungsbeschreibung aufzunehmen. Auch ein Lastenheft wird regelmäßig beigefügt: Es beinhaltet aus Sicht des Auftraggebers alle Anforderungen an den Auftragnehmer. Komplettiert wird es durch das spätere Pflichtenheft des Auftragnehmers.
Der Kriterienkatalog wiederum ergänzt die Leistungsbeschreibung. Die darin enthaltenen Ausschluss- und Bewertungskriterien beschreiben, welche Anforderungen an Bieter gestellt werden und nach welchen Kriterien der Zuschlag erteilt wird. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass gerade im IT-Bereich technische Innovationen häufig eine besondere Rolle spielen und viele Marktteilnehmer junge Start-ups ohne zahlreiche Referenzen sind. Bei der Formulierung der Eignungskriterien ist dieser Aspekt zu berücksichtigen, um nicht Marktnewcomer von vornherein durch Anforderungen auszuschließen, die von den Unternehmen eine faktische Marktetablierung verlangen.
Abschließend empfehlen wir daher die folgende Gliederung der Vergabeunterlagen:
I. Informationsteil
- Anschreiben
- Bewerbungsbedingungen
- Beschreibung der Einzelheiten der Durchführung des Vergabeverfahrens, insbes. Fristenangaben
- Hinweise zur Angebotserstellung (Form, Inhalt, Aufbau), evt. Angabe zur Zulassung von Nebenangeboten
- Eignungs- und Zuschlagskriterien und Hinweise zur Gewichtung
- Abschließende Liste aller verlangten Nachweise und Erklärungen
- Angabe der zuständigen Vergabekammer und Rechtsbehelfsbelehrung (bei EU-weiten Vergaben)
II. Vertragsunterlagen
- Vertragsentwurf mit Vertragsbedingungen (EVB-IT AGB; VOL/B)
- Leistungsbeschreibung und Kriterienkatalog zzgl. Anlagen (Vorgehensmodell, Lastenheft)
- Preisblatt
Wir hoffen, das hat geholfen. Wenn Sie sich noch immer fragen, welche Unterlagen Sie z.B. für die Lizenzkauf benötigen, zögern Sie nicht und rufen Sie uns an. Wir freuen uns darauf, mit Ihnen zu sprechen!