Hintergrund: Vom Entwurf in den Bundestag
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) hat Anfang Juli einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Beschleunigung der Vergabe öffentlicher Aufträge („Vergabebeschleunigungsgesetz“) vorgelegt und Fachverbände zur Stellungnahme aufgefordert. Wie viele andere Experten haben auch wir von abante eine fundierte juristische Stellungnahme eingebracht, die Sie unter folgendem Link einsehen können: Stellungnahme zum „Vergabebeschleunigungsgesetz“ | abante .
Das Bundeskabinett beschloss den Entwurf schließlich Anfang August. Seither ist das geplante Gesetz in aller Munde und auch auf Fachveranstaltungen ein häufiges, wenn nicht sogar das bestimmende Gesprächsthema: vom Bayerischen Vergabetag über die forum vergabe Gespräche Mitte September.
Nun debattierte der Bundestag am 9. Oktober 2025 in erster Lesung über das Gesetz zur Beschleunigung der Vergabe öffentlicher Aufträge. Damit nimmt die Gesetzesinitiative weiter Gestalt an.
Das Gesetz ist nicht unumstritten
Das Ziel der Bundesregierung ist aller Ehren wert: öffentliche Vergabeverfahren müssen beschleunigt werden. Insbesondere die Vergabeverfahren von Großprojekten sollen deutlich schneller abgewickelt werden. Ob der momentan beschrittene Weg hin zur Beschleunigung jedoch der richtige ist, scheint bei Verbänden und Fachleuten umstritten. Denn während Befürworter das Gesetz als notwendige Reform feiern, warnen Kritiker vor einer Aushöhlung zentraler Grundsätze des Vergaberechts.
Abschaffung der aufschiebenden Wirkung
Besonders kritisch wird die geplante Abschaffung der aufschiebenden Wirkung bei sofortigen Beschwerden gegen Entscheidungen der Vergabekammern gesehen. Diese Änderung würde dazu führen, dass öffentliche Auftraggeber auch dann mit der Vergabe fortfahren können, wenn ein Unternehmen noch rechtlich gegen eine Entscheidung vorgeht.
Einige Experten sehen hierin eine umfassende Entrechtung von Bietern, die sich gegen fehlerhafte Entscheidungen wehren wollen.
Zwischen Effizienz und Rechtsstaatlichkeit
Die politische Stoßrichtung des Gesetzes – schnellere Verfahren für dringend benötigte Infrastrukturprojekte – ist nachvollziehbar. Doch neben der Abschaffung von Rechtsschutzinstrumenten scheint auch die Aufweichung des Losgrundsatzes rechtsstaatliche Fragen aufzuwerfen. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen befürchten Wettbewerbsnachteile, da große Generalunternehmer durch die Möglichkeit von Gesamtvergaben künftig bevorzugt werden könnten.
Wie es weiter geht
Nach der ersten Lesung im Bundestag wird das Gesetz nun in den Ausschüssen beraten. Dort dürften vor allem die Forderungen des Bundesrates und die Kritik der Bauwirtschaft im Mittelpunkt stehen. Eine Entscheidung über das Vergabebeschleunigungsgesetz wird bis Ende 2025 erwartet.
Die kommenden Wochen werden daher zeigen, ob sich der Gesetzgeber auf einen tragfähigen Kompromiss einigen kann, der sowohl die Projektgeschwindigkeit erhöht als auch das Verhältnis von Effizienz, Rechtsschutz und Wettbewerb wahrt.
Sie haben Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie uns an. Wir freuen uns auf den Austausch!