Deutschlandweit für Sie tätig

Für mehr Markt­of­fen­heit: Mate­ri­al­vor­ga­ben nur in Aus­nah­me­fäl­len! 

Unser Rechts­an­walt Chris­ti­an Schöt­zig hat sich am 19. Sep­tem­ber 2025 in einem Lin­ke­dIn live zum Ver­ga­be­recht mit der Ent­schei­dung des Euro­päi­schen Gerichts­hofs (EuGH) zu Mate­ri­al­vor­ga­ben in Leis­tungs­ver­zeich­nis­sen befasst. 

Der EuGH ent­schied am 16. Janu­ar 2025 mit Urteil (Rs.: C‑424/23), dass Mate­ri­al­vor­ga­ben in Leis­tungs­ver­zeich­nis­sen nur in Aus­nah­me­fäl­len zuläs­sig. 

Unser Video zur Urteils­be­spre­chung: 

Sach­ver­halt: Streit um Mate­ri­al­vor­ga­ben in Bel­gi­en 

Ein bel­gi­scher Auf­trag­ge­ber schrieb die Erneue­rung von Abwas­ser­net­zen aus und bestimm­te, dass die Roh­re aus­schließ­lich aus Stein­zeug oder Beton bestehen soll­ten. Ein Her­stel­ler von Kunst­stoff­roh­ren fühl­te sich dadurch vom Wett­be­werb aus­ge­schlos­sen und rüg­te die Vor­ga­be. 

Das bel­gi­sche Gericht sah dar­in einen mög­li­chen Ver­stoß gegen die ver­ga­be­recht­li­chen Grund­sät­ze und leg­te die Fra­ge dem EuGH vor, ob Mate­ri­al­vor­ga­ben als tech­ni­sche Spe­zi­fi­ka­tio­nen im Sin­ne von Art. 42 der Richt­li­nie 2014/24/EU anzu­se­hen sind. 

Kern­punkt der Ent­schei­dung: Aus­nah­me statt Regel 

Der EuGH stell­te klar, dass Mate­ri­al­vor­ga­ben kei­ne Leis­tungs- oder Funk­ti­ons­an­for­de­run­gen dar­stel­len, son­dern unter die abschlie­ßen­de Lis­te der tech­ni­schen Spe­zi­fi­ka­tio­nen in Art. 42 Abs. 3 fal­len. Damit gilt auch hier Art. 42 Abs. 4: 

  • Mate­ri­al­vor­ga­ben dür­fen nur dann gemacht wer­den, wenn sie durch den Auf­trags­ge­gen­stand gerecht­fer­tigt sind. 
  • Sie müs­sen in der Regel den Zusatz „oder gleich­wer­tig“ ent­hal­ten, um den Wett­be­werb nicht unzu­läs­sig zu ver­en­gen. 

Der EuGH nann­te Bei­spie­le, in denen Mate­ri­al­vor­ga­ben zuläs­sig sein kön­nen: etwa wenn ästhe­ti­sche Grün­de eine Rol­le spie­len, wenn die Kom­pa­ti­bi­li­tät zwi­schen Bau­ab­schnit­ten gewähr­leis­tet wer­den muss oder wenn Nach­hal­tig­keits­aspek­te wie Lebens­dau­er und Lebens­zy­klus­kos­ten maß­geb­lich sind. 

Für die Pra­xis bedeu­tet dies: Leis­tungs­ver­zeich­nis­se, die ohne fun­dier­te Begrün­dung bestimm­te Mate­ria­li­en fest­schrei­ben, ste­hen künf­tig auf sehr unsi­che­rem Boden. 

Tipps für öffent­li­che Auf­trag­ge­ber 

  • Leis­tungs­ver­zeich­nis­se anpas­sen: Pau­scha­le Mate­ri­al­vor­ga­ben erset­zen durch kon­kre­te Leis­tungs- und Funk­ti­ons­an­for­de­run­gen. 
  • Recht­fer­ti­gung doku­men­tie­ren: Nur wenn der Auf­trags­ge­gen­stand es zwin­gend erfor­dert, dür­fen Mate­ria­li­en vor­ge­ge­ben wer­den. 
  • Gleich­wer­tig­keit berück­sich­ti­gen: Mate­ri­al­vor­ga­ben grund­sätz­lich mit dem Zusatz „oder gleich­wer­tig“ ver­se­hen. 
  • Pla­ner ein­bin­den: Enge Abstim­mung mit Pla­nungs­bü­ros ist not­wen­dig, um die erfor­der­li­chen tech­ni­schen Spe­zi­fi­ka­tio­nen rechts­si­cher zu for­mu­lie­ren. 
  • Risi­ken erken­nen: Unzu­rei­chen­de Spe­zi­fi­ka­tio­nen kön­nen dazu füh­ren, dass Bie­ter mit ver­meint­lich gleich­wer­ti­gen Pro­duk­ten nicht aus­ge­schlos­sen wer­den dür­fen. 

Tipps für Bie­ter und Zuwen­dungs­emp­fän­ger 

  • Neue Chan­cen nut­zen: Anbie­ter inno­va­ti­ver Mate­ria­li­en kön­nen sich leich­ter betei­li­gen, da star­re Vor­ga­ben künf­tig sel­te­ner zuläs­sig sind. 
  • Leis­tungs­ver­zeich­nis­se prü­fen: Früh­zei­tig hin­ter­fra­gen, ob Mate­ri­al­vor­ga­ben recht­mä­ßig und sach­lich gerecht­fer­tigt sind. 
  • Auf Gleich­wer­tig­keit pochen: Wer alter­na­ti­ve Mate­ria­li­en anbie­tet, soll­te sich aktiv auf den Gleich­wer­tig­keits­grund­satz beru­fen. 
  • Auf­wand ein­kal­ku­lie­ren: Die Prü­fung von tech­ni­schen Spe­zi­fi­ka­tio­nen erfor­dert Zeit und Fach­wis­sen – ins­be­son­de­re klei­ne­re Unter­neh­men soll­ten dies berück­sich­ti­gen. 
  • Risi­ken mini­mie­ren: Früh­zei­tig doku­men­tie­ren, wie die Anfor­de­run­gen erfüllt wer­den, um spä­te­re Strei­tig­kei­ten zu ver­mei­den. 

Wei­te­re Ein­bli­cke und detail­lier­te Erläu­te­run­gen zu Ent­schei­dun­gen im Ver­ga­be­recht fin­den Sie auch in unse­ren ande­ren Vide­os auf dem You­Tube-Kanal aban­te Rechts­an­wäl­te. Schau­en Sie ger­ne vor­bei! 

Hin­weis: Die­ser Rechts­tipp ersetzt kei­nen anwalt­li­chen Rat im Ein­zel­fall. Er ist natur­ge­mäß unvoll­stän­dig, auch ist er nicht auf Ihren Fall bezo­gen und stellt zudem eine Moment­auf­nah­me dar, da sich gesetz­li­che Grund­la­gen und Recht­spre­chung im Lauf der Zeit ändern. Er kann und will nicht alle denk­ba­ren Kon­stel­la­tio­nen abde­cken, dient Unter­hal­tungs- und Erst­ori­en­tie­rungs­zwe­cken und soll Sie zur früh­zei­ti­gen Abklä­rung von Rechts­fra­gen moti­vie­ren, nicht aber davon abhal­ten. aban­te Rechts­an­wäl­te war nicht am Ver­fah­ren betei­ligt und hat kei­ne Par­tei im Streit­ver­fah­ren ver­tre­ten.

Weitere Beiträge

Suche

Spezialkanzlei für Vergaberecht

Europaweite Expertise im Vergaberecht - Ihr kompetenter Partner in allen Phasen des Vergabeprozesses.

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner